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Geoblocking-Verordnung: Online-Händler müssen sich auf Neuregelungen einstellen

Am 27.02.2018 hat der Europäische Rat eine Verordnung verabschiedet, die ungerechtfertigtes Geoblocking im Binnenmarkt untersagt (EU-Verordnung 2018/302).

Die Verordnung ist am 22.03.2018 in Kraft getreten und gilt – pünktlich zum Weihnachtsgeschäft – ab dem 03.12.2018.
Sie zielt auf den Aufbau eines freien und sicheren digitalen Binnenmarktes und folgt auf bereits umgesetzte Maßnahmen wie etwa die Abschaffung von Roaming-Gebühren, die Modernisierung des Datenschutzrechtes und die Ermöglichung grenzüberschreitender Portabilität von Online-Inhalten (siehe auch GründerNews vom 25.03.2018).

Nachfolgend einige wichtige Punkte aus der Verordnung:

Gleicher Zugang zu Gütern und Dienstleistungen

Anbieter dürfen künftig Kunden in Bezug auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen – einschließlich Preisen – nicht mehr unterschiedlich behandeln, und zwar in drei Fällen:

Wenn der Anbieter:

  1. Waren verkauft, die in einen Mitgliedstaat geliefert werden, für den der Anbieter die Lieferung anbietet, oder die an einem mit dem Kunden vereinbarten Ort abgeholt werden;
  2. elektronisch erbrachte Dienstleistungen bereitstellt, beispielsweise Cloud-Dienste, Data-Warehousing, Webhosting oder die Bereitstellung von Firewalls;
  3. Dienstleistungen bereitstellt, die der Kunde in dem Land in Anspruch nimmt, in dem der Anbieter tätig ist, beispielsweise Hotelunterbringung, Sportveranstaltungen, Autovermietung oder Eintrittskarten für Musikfestivals oder Freizeitparks.

Anders als Preisdiskriminierung wird Preisdifferenzierung nicht verboten; Anbietern steht es also frei, unterschiedliche allgemeine Geschäftsbedingungen, einschließlich Preisen, anzubieten und bestimmte Kundengruppen in bestimmten Hoheitsgebieten gezielt anzusprechen.
Außerdem werden Anbieter nicht verpflichtet, Waren an Kunden außerhalb des Mitgliedstaats, für den sie die Lieferung anbieten, zu versenden.

Zahlungsvorgänge

Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Kunden in Bezug auf die Zahlungsmethoden wird verboten. Anbietern ist es deshalb nicht gestattet, unterschiedliche Zahlungsbedingungen für Kunden aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung anzuwenden.

Nichtdiskriminierung beim Zugang zu Websites des elektronischen Handels

Anbietern ist es nicht gestattet, den Zugang von Kunden zu ihrer Online-Schnittstelle aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes zu sperren oder zu beschränken.

Wenn ein Anbieter den Zugang sperrt oder beschränkt oder Kunden zu einer anderen Version der Online-Schnittstelle weiterleitet, muss er dies genau erklären.

Passive Verkaufsgeschäfte

Als allgemeine Regel gilt, dass die neue Verordnung in Fällen von Konflikten mit dem Wettbewerbsrecht maßgebend ist. Das Recht des Lieferanten, Beschränkungen des aktiven Verkaufs zu verhängen, wird jedoch nicht berührt.

Das EU-Wettbewerbsrecht unterscheidet zwischen passiven Verkäufen (Verkäufe als Reaktion auf Bestellungen, um die sich der Anbieter nicht aktiv bei dem Kunden bemüht hat) und aktiven Verkäufen (wenn die Einzelhändler Kunden gezielt ansprechen). Beschränkungen des passiven Verkaufs gelten in der Regel als eine Verletzung des Wettbewerbsrechts, während Beschränkungen des aktiven Verkaufs eine gängige Praxis sind, die sich aus der kommerziellen Freiheit ergibt.

Praxishinweis:

Im Zusammenhang mit der neuen Verordnung zum Geoblocking sollten Online-Händler prüfen, ob sie den Zugang zu ihren Online-Shops durch Geoblocking ungerechtfertigterweise beschränken oder Kunden aus EU-Mitgliedstaaten beim Zahlungs- und Lieferverkehr ungerechtfertigt benachteiligen.

Sofern eine internationalere Ausrichtung des Vertriebs gewollt ist, müssten auch bestehende Bestell- und Kundenformulare entsprechend angepasst werden. Hierzu zählt insbesondere auch das Angebot von Lieferoptionen ins Ausland oder aber die Einrichtung von inländischen Abholstationen sowie alternativer Bezahlverfahren.

Häufig dürfte auch die Überarbeitung der Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen notwendig werden.

2018-06-21

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