Der Brexit kommt – Was ist zu tun?

In nicht einmal einem Jahr – am 29. März 2019 – will das Vereinigte Königreich die EU verlassen. Vorläufig für den Brexit gewappnet ist, wer frühzeitig einen aktuellen Überblick über Stand und  Aussichten des Ausstiegs bekommt. „Es ist klug, konkrete Fragen  aus dem Alltag und quer durch alle  betrieblichen Funktionen zu stellen“, sagt Hans -Toni Junius, Vorsitzender des BDI/BDA – Mittelstandsausschusses. Nur so ließen sich der Grad der Betroffenheit und die Größe der  Herausforderung erkennen  – von A wie Arbeitneh mer bis Z wie Zölle.

Beispielfragen sind:

  • Benutzen Sie Chemikalien aus dem Vereinigten Königreich für Ihre  Produktionsprozesse?
  • Ist Ihre Gesellschaft in einer britischen Gesellschaftsrechtsform oder gehört  eine britische Gesellschaft mit Verwaltungssitz in Deutschland zur Unternehmensgruppe?
  • Wurde in  den vergangenen zehn Jahren eine Restrukturierung mit einer britischen Partnerfirma durchgeführt?
  • Haben Sie mit bestehenden Kreditgebern aus dem Vereinigten Königreich über Kreditsicherheiten im  Falle eines harten Brexits gesprochen?
  • Können Sie kurzfristig auf Lieferanten vor Ort umstellen, um  Importkosten zu reduzieren?
  • Haben Sie ein Kommunikationskonzept entwickelt, um Mitarbeiter  regelmäßig über aktuelle Entwicklungen zu informieren?
  • Haben Sie potenzielle Me hrkosten durch  Bürokratie, doppelte Sozialversicherungskosten und Steuerfolgen für die zukünftige Mitarbeiterentsendung bedacht?

„Jedes direkt oder indirekt betroffene Unternehmen sollte möglichst früh einen eigenen Einstieg finden,  um den Ausstieg Großbr itanniens aus der EU für sich zu analysieren und zu bewerten“, rät Junius. Mit  111 Fragen und zahlreichen Empfehlungen bereitet der Leitfaden von BDI, BDA und vbw deutsche  Unternehmen auf die Auswirkungen des Brexits vor.  Auch wenn vieles noch unklar ist, in den Brexit – Verhandlungen steht eines fest: Sollte ein Unternehmen  einen engen Bezug zum Vereinigten Königreich haben, werden negative Konsequenzen kaum zu  vermeiden sein. Der Brexit wird voraussichtlich in allen Unternehmensbereichen zu nennenswerten  M ehrkosten durch Aufbau oder Wiederaufleben bürokratischer Hürden führen. Allen voran sind das  Zollwesen und die Regelungen des Produktsicherheitsrechts sowie der Marktüberwachung betroffen  – zwei der wichtigsten Grundpfeiler des EU-Binnenmarktes.

Der Europäische Rat muss Ende Juni eine Annäherung zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich bringen. Die Unternehmen sorgen sich, dass selbst die wichtige Übergangsphase kippen kann. Um Unternehmen auf den Brexit vorzubereiten, stellen der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) den Leitfaden zum Brexit vor. Mit 111 Fragen und zahlreichen Empfehlungen bereitet der Leitfaden deutsche Unternehmen auf die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen des Brexits vor.

BDI-Präsident Dieter Kempf:
„Nur mit einer Einigung über die Zukunft und die Austrittsbedingungen erreichen wir die dringend nötige Übergangsphase. Dazu müssen sich die EU und das Vereinigte Königreich auf ihrem Gipfel Ende Juni endlich annähern. Kurskorrekturen in der britischen Position sind dringend notwendig. Die deutsche Industrie erwartet von der britischen Regierung eine verbindliche und klare Antwort auf die Vorschläge der EU27 zum künftigen Wirtschaftsverhältnis. London sollte aus eigenem Interesse erkennen, dass wir Europäer nur gemeinsam in der Welt erfolgreich sein können – oder getrennt in der Bedeutungslosigkeit versinken. Ob die Briten ein starker Partner bleiben, liegt in erster Linie in den Händen ihrer Regierung. Unsere Unternehmen müssen bis Oktober Klarheit haben für ihre Planungen nach dem Brexit-Stichtag.“

Brexit

Mit 111 Fragen und zahlreichen Empfehlungen bereitet der Leitfaden deutsche Unternehmen auf die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen des Brexits vor. Foto: Ralph Schipke

BDA-Präsident Ingo Kramer:
„Nach dem Brexit muss es für deutsche Unternehmen genauso unkompliziert sein, Mitarbeiter in ihre Niederlassungen im Vereinigten Königreich zu entsenden, wie es für britische Unternehmen analog zu anderen Drittstaaten in Richtung Europäische Union der Fall ist. Wir erwarten zum Gipfeltreffen Ende Juni, dass die Briten ihre nationalen Regelungen in diesem Punkt genauso großzügig gestalten wie die EU – das wäre faire Partnerschaft. Zudem müssen die sozialen Sicherungssysteme auch künftig koordiniert werden. Für deutsche Unternehmen ist es zum Beispiel fundamental wichtig, dass ihre vorübergehend in das Vereinigte Königreich entsandte Arbeitnehmer auch künftig im deutschen System verbleiben können und in Großbritannien von Sozialversicherungsbeiträgen befreit sind. Ohne Einigung werden wir auf Regelungen von 1960 zurückgeworfen: Es drohen teure Doppelversicherungen und ein hoher Verwaltungsaufwand. Das würde für deutsche Unternehmen den britischen Wirtschaftsstandort nicht gerade attraktiver machen – das kann keiner wollen.“

vbw-Präsident Alfred Gaffal:
„Bei der anstehenden Neuausrichtung Europas dürfen wir nicht einseitig das Ziel ‚mehr Europa‘ verfolgen. Stattdessen brauchen wir ein besseres Europa, das leistungsfähiger, eigenständiger, subsidiärer und geschlossener ist. Die EU braucht eine innovationsorientierte Finanzpolitik, die Weiterentwicklung des digitalen und des Energiebinnenmarkts sowie die Stärkung der Handelspolitik. Es gilt, mit einer starken europäischen Stimme für den Abbau von Handelshemmnissen einzutreten und neue Absatz- und Beschaffungsmärkte für europäische Unternehmen zu erschließen.Der EU-Austritt Großbritanniens ist ein ernster Warnschuss, der sich nicht wiederholen darf. Jetzt aber brauchen wir mehr Tempo bei den Brexit-Verhandlungen. Hauptziel der Verhandlungen muss der Abschluss eines umfassenden Handelsabkommens zwischen der EU und Großbritannien sein.”

Die vollständige Publikation  finden Sie unter hier.

Weiter Fakten zum Thema Brexit “Stochern im britischen Nebel”.

Quelle: BDA/BDI

06/12/2018

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