Stationärer Handel, Vorsteuerabzug

Für den Vorsteuerabzug ist immer eine eindeutige Leistungsbeschreibung erforderlich

Eine Rechnung muss eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet wird. Das gehört zu den Pflichtangaben, die auf einer Rechnung enthalten sein müssen – auch im Niedrigpreissegment.

Das wurde aktuell in zwei Verfahren vor dem Finanzgericht Hessen klargestellt.

In einem der beiden Verfahren war eine Unternehmerin im Textilhandel tätig und vertrieb Damenoberbekleidung im Niedrigpreissegment. Die Kleidungsstücke wurden in großen Mengen in verschiedenen Standardgrößen und in mehreren Farben von Großhändlern eingekauft. Die Einkaufspreise bewegten sich im unteren einstelligen Euro-Bereich pro Kleidungsstück.
Da auf einigen Rechnungen die konkrete Leistungsbeschreibung fehlte, versagte das Finanzamt versagte bei einigen Rechnungen den Vorsteuerabzug.
Auf den Rechnungen stand nur die pauschale und grobe Bezeichnung einer Warenklasse (z. B. Blusen, Jacken) und die Angabe einer großen Stückzahl im mindestens dreistelligen Bereich.
(FG Hessen, Urteil vom 12.10.2017, Az. 1 K 547/14, Rev. zugelassen)

Ähnlich verhielt es sich im zweiten Verfahren. Hier handelte eine Unternehmerin mit Modeschmuck und Accessoires im Niedrigpreissegment. Auch in diesem Fall lehnte das Finanzamt den Vorsteuerabzug ab, weil die bloße Angabe einer Gattung (z. B. Kette, Ohrring, Mütze) keine handelsübliche Bezeichnung darstelle.
(FG Hessen, Urteil vom 12.10.2017, Az. 1 K 2402/14, Rev. BFH Az. XI R 2/18)

In beiden Verfahren gab das Finanzgericht Hessen dem Finanzamt Recht.

Der klägerische Einwand, dass die jeweiligen Leistungsbeschreibungen in den Rechnungen angesichts der BFH-Rechtsprechung und mit Blick auf die Besonderheiten im Massengeschäft mit Billigartikeln die Anforderungen an eine handelsübliche Bezeichnung der Art der gelieferten Gegenstände erfüllten und dass die Handelsüblichkeit letztendlich von der Umsatzstruktur bzw. vom Marktumfeld abhänge, verfing im Klageverfahren nicht. Ebenso der Hinweis, dass die Übertragung der Anforderungen bei Leistungsbeschreibungen für sonstige Leistungen auf die – hier vorliegenden – Abrechnungen von Lieferungen bei verschiedenen Warengruppen zur Unmöglichkeit des Vorsteuerabzugs führe und gegen die EuGH-Rechtsprechung verstoße.
Das Hessische Finanzgericht entschied vielmehr, dass die streitigen Rechnungen mangels hinreichender Leistungsbeschreibung und fehlender Identifikationsmöglichkeit den gesetzlichen Anforderungen zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen nicht genügten. Innerhalb einer Branche sei hinsichtlich der Frage, welche Bezeichnung einer Leistung noch handelsüblich sei, nicht nach verschiedenen Verkehrskreisen – nämlich dem Handel mit Textilien im mittleren und oberen Preissegment einerseits und dem Handel mit Waren im Niedrigpreissegment andererseits – zu differenzieren. Die in den Rechnungen des Verfahrens 1 K 547/14 enthaltene bloße Angabe einer Gattung (z.B. Shirts, T-Shirts, Blusen, Kleider, Blusen, Jacken) stelle keine handelsübliche Bezeichnung dar. Die – hier fehlende – erforderliche weitergehende Umschreibung der Ware könne beispielsweise über die Herstellerangaben bzw. die Angabe einer etwaigen Eigenmarke oder über Modelltyp, Farbe und Größe sowie unter Bezugnahme auf eine Artikel- oder Chargennummer erfolgen. Auch die Benennung von Größe, Farbe, Material, gegebenenfalls Sommer- oder Winterware komme in Betracht.
Das Finanzgericht Hessen hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen. Gegen das Urteil im zweiten Verfahren ist die Revision beim Bundesfinanzhof inzwischen anhängig.

Quelle und mehr: PM des Finanzgerichts Hessen vom 23.1.2018

Was für eine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, dass eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglicht wird – und das war hier nicht der Fall. Das Finanzgericht stellte insbesondere heraus, dass bei Waren im Niedrigpreissegment grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Leistungsbeschreibung zu stellen sind. Die bloße Angabe einer Gattung stellt keine handelsübliche Bezeichnung dar. Die erforderliche weitergehende Umschreibung könnte z. B. über die Herstellerangaben oder über Modelltyp, Farbe und Größe sowie unter Bezugnahme auf eine Artikel- oder Chargennummer erfolgen. Auch die Benennung von Material, ggf. Sommer- oder Winterware kommt in Betracht.

Beachten Sie: Das Finanzgericht Hessen hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Gegen das Urteil im zweiten Verfahren ist die Revision beim Bundesfinanzhof inzwischen anhängig.

2018-05-04

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