Mittelstandsatlas

Regionale Gesichter des Mittelstands – ein Bundesländervergleich

Bislang unbekannte Einblicke: KfW Research legt erste regional vergleichbare Strukturanalyse kleiner und mittlerer Unternehmen vor. Spezifische Struktur vor Ort und historisch gewachsene Bedingungen prägen mittelständische Unternehmenstätigkeit in den Bundesländern. Althergebrachte geografische Trennlinien haben kaum noch Gültigkeit.Große Unterschiede bei Investitionen, Finanzierung, Internationalisierung und in den Führungsetagen der Unternehmen.

Der Mittelstand in Deutschland hat erstaunliche regionale Facetten. Der neue KfW-Mittelstandsatlas dokumentiert dies in seiner ganzen Bandbreite. Erstmals hat KfW Research eine detaillierte Analyse des Mittelstands nach Bundesländern vorgenommen, und gibt damit bislang unbekannte Einblicke in die regionale Vielfalt des deutschen Mittelstands. Mit dem KfW-Mittelstandsatlas gelingt eine repräsentative Strukturübersicht über mittelständische Unternehmenstätigkeit in den Bundesländern für die Jahre 2012 bis 2016.

Die Untersuchung unterstreicht die Bedeutung grundlegender regionaler Strukturen. So ist der Mittelstand in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg deutlich stärker von Dienstleistungsunternehmen in freiberuflichen Tätigkeitsfeldern geprägt als anderswo. Solche Unternehmen investieren in der Regel weniger kapitalintensiv und können ihre Investitionen leichter aus eigenen Mitteln finanzieren, die Neigung zur Kreditaufnahme ist dort daher auch besonders niedrig.

Wichtig für den Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern

Große Unterschiede zwischen den Bundesländern finden sich auch in Bezug auf die Bedeutung des Mittelstands für den Arbeitsmarkt – je nach regionaler Größen- und Branchenstruktur: Die höchsten Mittelstandsanteile an der gesamten Erwerbsbevölkerung eines Landes findet man in Schleswig-Holstein, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern mit je über 90 %. Grund hierfür ist die geringere Präsenz von Großunternehmen in diesen Regionen. In absoluten Zahlen dominieren die drei größten Bundesländer: In Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg zusammen sind mit rund 15 Mio. Erwerbstätigen so viele Personen in KMU beschäftigt wie in allen anderen Ländern zusammen.

Althergebrachte Trennlinien besitzen nicht immer Gültigkeit – auch das zeigt die Analyse. So lässt sich unter anderem eine klare Trennung zwischen ost- und westdeutschen Ländern bei kaum einer Kennziffer finden. Investitionsspitzenreiter ist bspw. Brandenburg, dort investieren die KMU etwa ein Viertel mehr als der Bundesdurchschnitt. Die kräftigste Eigenkapitalausstattung weisen Mittelständler in Sachsen-Anhalt auf. Auch ist die Altersstruktur der KMU-Inhaber in den ostdeutschen Ländern generell vorteilhafter.

Hingegen spielen Standortfaktoren für das Unternehmertum in den Ländern eine wichtige Rolle. So ist bspw. die internationale Präsenz von KMU nirgends größer als in Hamburg. Mehr als jedes dritte ansässige Unternehmen erzielt Auslandsumsätze. Entscheidend sind hier die geografische Lage sowie der Hafen und dessen Anbindung. Solche Rahmenbedingungen sind z.B. in der Mitte Deutschlands weniger ausgeprägt.

Der Chefvolkswirt der KfW, Dr. Jörg Zeuner, sagt: „Der deutsche Mittelstand hat auch regionale Gesichter, die erstmals sichtbar werden. Hier liegen Chancen für eine verbesserte Regionalpolitik. Denn die Herausforderungen der Unternehmen unterscheiden sich durchaus ausgeprägter als bislang vermutet.“

In MV sind wissensintensive Dienstleister eher selten

Der Mittelstand in Mecklenburg-Vorpommern zeichnet sich durch einen hohen Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) im Bereich der Sonstigen Dienst­leistungen aus. Rund die Hälfte der hier ansässigen KMU ist in diesem Bereich tätig. Wissens­intensive Dienstleister sind mit einem Anteil von 30 % weniger stark präsent. Der Anteil des Verarbeitenden Gewerbes und des Bausektors ist mit anderen Bundes­ländern vergleichbar.

Die Größenstruktur des mecklenburgischen Mittelstands entspricht weitest­gehend dem Bundes­durchschnitt. Kleinstunternehmen mit weniger als 5 Vollzeit­äquivalent-Beschäftigten (VZÄ) stellen den überwiegenden Teil der KMU (80 %). Rund 2 % der KMU haben 50 oder mehr VZÄ. Im Durchschnitt haben die hiesigen Mittelständler 6,9 VZÄ. Mit einem Durchschnittsalter von 17 Jahren ist der Mittelstand in Mecklenburg-Vorpommern noch recht jung (Bundesdurchschnitt 23 Jahre). Rund jedes dritte Unternehmen ist seit weniger als 10 Jahren tätig.

Umsatz und Beschäftigung der mecklenburgischen Mittelständler haben zwischen 2012 und 2016 zugelegt. Im Mittel ist die Belegschaft der KMU um 2,2 % im Jahr gewachsen. Der Umsatz legte mit 2,8 % jährlich zu. Mittelständische Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern sind tendenziell stärker regional ausgerichtet. Nur 18 % der KMU sind in Europa aktiv und 5 % in außereuropäischen Märkten. Diese Unternehmen generieren rund 37 % ihrer Umsätze im Ausland.

Der Anteil investierender Unternehmen im mecklenburgischen Mittelstand liegt mit 38 % unter dem Bundesdurchschnitt. Die Investitionssumme je Beschäftigtem (Investitions­intensität) liegt jedoch leicht darüber. Rund 8.000 EUR je Beschäftigtem wurden zwischen 2012 und 2016 durchschnittlich im Jahr investiert. Zur Finanzierung ihrer Investitionen nutzen KMU in Mecklenburg-Vorpommern weniger Eigenmittel. Sie greifen dafür stärker auf Bankkredite zurück. Der hiesige Mittelstand weist mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von rund 28 % eine stabile Finanzierungs­struktur auf.

Die in Mecklenburg-Vor­pommern ansässigen KMU zeichnen sich durch eine vergleichsweise junge Inhaber­struktur aus. Das Durchschnittsalter der Unternehmens­lenker beträgt 48 Jahre. Jeder Fünfte ist jünger als 40 Jahre. Die Nachfolge­problematik scheint im Mecklenburger Mittelstand daher aktuell nicht besonders dringlich zu sein.

Mittelstandsatlas

Der Mittelstand in Mecklenburg-Vorpommern zeichnet sich durch einen hohen Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) im Bereich der Sonstigen Dienst­leistungen aus. Grafik: KfW | Foto: Ralph Schipke

Mecklenburg-Vorpommern  (PDF, 214 KB, nicht barrierefrei)

Der KfW-Mittelstandsatlas ist hier zum Download verfügbar unter:

KfW-Mittelstandsatlas Deutschland

Der KfW-Mittelstandsatlas basiert auf einer Regionalauswertung des KfW-Mittelstandspanels, mit dem die KfW Bankengruppe seit 2002 jährlich zur aktuellen Lage im Mittelstand informiert. Das KfW-Mittelstandspanel stellt den ersten und bisher einzigen repräsentativen Längsschnittdatensatz für alle mittelständischen Unternehmen in Deutschland dar. Für den KfW-Mittelstandsatlas wurden die fünf jüngsten jährlichen Erhebungswellen des KfW-Mittelstandspanels genutzt. Die Ergebnisse sind auf Landesebene repräsentativ.

Quelle: KfW

03/19/2018

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