Unterkostenangebot

Auftragsvergabe: Rechtfertigung eines Unterkostenangebotes

Der Wettbewerb um öffentliche Aufträge führt in der Praxis gelegentlich dazu, dass Angebote abgegeben werden, bei denen nicht sämtliche Kosten des Auftrags durch den Angebotspreis gedeckt sind (Unterkostenangebote).

In solchen Fällen darf durch den Auftraggeber nach den Regelungen in der VOB Teil A eigentlich kein Zuschlag erteilt werden. Das gilt sowohl bei nationalen Vergaben im Unterschwellenbereichals auch bei EU-weiten Ausschreibungen bei Erreichen der Schwellenwerte

Allerdings kann es hier auch Ausnahmen geben, die dem Einzelfall geschuldet sind.

So hat die Vergabekammer des Bundes mit Beschluss vom 22. November 2017 entschieden, dass ein besonderes Interesse am Erhalt des Auftrages, das daraus resultiert, dass ein Bieter wegen der Aufhebung einer vergleichbaren Ausschreibung ohnehin bereitstehende und nicht anderweitig nutzbare Kapazitäten auslasten will, ein Unterkostenangebot vergaberechtlich rechtfertigen kann.

Im zugrundeliegenden Fall ging es u. a. um die Ausschreibung mehrerer Ingenieurbauwerke nach den Regelungen der Sektorenverordnung. Bei der Prüfung und Wertung der Angebote stellte der öffentliche Auftraggeber fest, dass das Angebot eines Unternehmens ca. 40 % unter dem des nächst Mindestbietenden lag.

Nach Erhalt der Mitteilung, dass das niedrigste Angebote den Zuschlag erhalten sollte, leitete der an zweiter Stelle liegende Bieter ein Nachprüfungsverfahren ein und begründete dies damit, der öffentliche Auftraggeber dürfe ein derartiges Unterkostenangebot nicht bezuschlagen.

Dieser Argumentation folgte die VK Bund nicht.
Die VK Bund sah ein besonderes Interesse am verfahrensgegenständlichen Auftrag als objektiv vorliegend an, da die Mindestbietende unter Vorlage entsprechender Nachweise darlegen konnte, dass sie die für eine anderweitige, kurzfristig aufgehobene Ausschreibung bereitgestellten Kapazitäten nicht ungenutzt lassen, sondern für einen anderen (weitgehend zeit-, orts- und inhaltsähnlichen) Auftrag einsetzen wollte.

Damit habe das Unternehmen einen aus wettbewerblicher Sicht nachvollziehbaren und daher anzuerkennenden Anlass, innerhalb der noch laufenden Angebotsfrist der verfahrensgegenständlichen Ausschreibung einen Preis unterhalb der eigenen Kosten anzubieten.

Allerdings müsse ein Auftraggeber, dem der Angebotspreis eines Bieters ungewöhnlich niedrig erscheine, die Eignungsprüfung wieder aufgreifen, da ein Bieter aufgrund eines auffallend niedrigen Preises möglicherweise nicht in der Lage sei, den ausgeschriebenen Vertrag ordnungsgemäß zu Ende zu führen.

Quelle: Vergabekammer des Bundes, Beschluss vom 22. November 2017 (Az.: VK 1-129/17)

2018-03-19

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