Gründungsstandort Deutschland

Gründungsstandort Deutschland: gut mit Luft nach oben

Jedes Jahr im Oktober bekommt der Gründungsstandort Deutschland aufs Neue medienwirksam ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Denn dann attestiert der jährliche Doing Business-Report (DBR) der Weltbank, dass die Gründung eines Unternehmens regelmäßig in mehr als 100 Ländern leichter sei als in Deutschland (im Starting-a-business-Ranking auf Platz 113).

Leider wird dabei ignoriert, dass sich der DBR nicht als Zeugnis für den Gründungsstandort Deutschland eignet. Mit seinem gezielten Blick auf die formale Anmeldeprozedur eines haftungsbeschränkten Unternehmens wird er dem Gründungsverhalten der überwältigenden Mehrheit von Gründern (die unbeschränkt haften) nicht gerecht. Außerdem lässt er dabei eine wichtige Reform des GmbH-Gesetzes (MoMiG) außer Acht.
Dass die USA, wo mit dem Silicon Valley das gefühlte Startup-Mekka liegt, nur auf Platz 49 des aktuellen Starting-a-business-Rankings stehen, zeigt dessen Manko treffend.

Als Gradmesser zur internationalen Einordnung des Gründungsstandorts Deutschland ist der Global Entrepreneurship Index (GEI) besser geeignet.
In den Index fließen über 30 verschiedene Angaben ein. Im von den USA angeführten GEI-Ranking belegt Deutschland regelmäßig einen Platz unter den 15 Besten, so wie auch im kürzlich erschienenen GEI 2018.
Ein Rang, der dem Gründungsstandort Deutschland gerecht wird: gut, aber mit Luft nach oben!

Der GEI setzt sich aus den Beurteilungen der unternehmerischen Qualitäten der Menschen sowie der gründungsrelevanten institutionellen Qualität eines Landes in 14 Rubriken zusammen.
Der Gründungsstandort Deutschland schneidet in der Personenwertung deutlich schlechter ab als in der Institutionenwertung. Die unternehmerischen Qualitäten in der Bevölkerung hinken demnach also im internationalen Vergleich hinterher.
Dagegen braucht die gründungsrelevante institutionelle Qualität den internationalen Vergleich nicht zu scheuen.

Hinsichtlich der vom GEI abgedeckten Rubriken ergibt sich für Deutschland ein gemischtes Bild. In Sachen Internationalisierung, Technologieabsorption, Wettbewerb, Gründungskultur und Prozessinnovationen steht Deutschland sehr gut da.
Schwächen zeigen sich dagegen in den Bereichen Networking und Humankapital.
Darüber hinaus sind die Platzierungen bei Produktinnovationen und Gründungskompetenzen unbefriedigend.

Vorschläge zur Behebung dieser Schwächen sind nicht neu, gezielte Maßnahmen sogar teils bereits etabliert.
Mögliche Ansätze sind beispielsweise:

  • Networking:
    Ausbau von Gründungsinfrastruktur, Kommunikationstechnologien und -möglichkeiten verschiedener Dimensionen (u. a. Breitbandversorgung, Inkubatoren, Gründerevents, Plattformen).
  • Humankapital und Gründungskompetenzen:
    Vermittlung von unternehmerischen Kenntnissen bereits in der Schule sowie Förderung von Coaching- und Weiterbildungsmaßnahmen.
  • Produktinnovationen:
    Unterstützung von Forschungskooperationen zwischen Universitäten und Wirtschaft, Förderung der Technologieoffenheit in der Bevölkerung bzw. Abbau von Zukunftsängsten.

 

Erfolge sind nicht von heute auf morgen zu erwarten. Umso wichtiger ist es, die Schwächen mit einem langen Atem anzugehen.

Quelle und mehr:
KfW Research  Volkswirtschaft Kompakt, Nr. 155

2018-01-18

 

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