Mindestlohn

Gesetzlicher Mindestlohn – Was kann mit einberechnet werden?

Fragen zum gesetzlichen Mindestlohn tauchen in der beruflichen Praxis immer wieder auf.
Denn auch wenn die Höhe (derzeit 8,84 € brutto) klar definiert ist: Was gehört in die Berechnung des Stundenlohns und was nicht?

Dazu nachfolgend drei Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG).

1. Anwesenheitsprämie

Das Bundesarbeitsgericht befasst sich mit Urteil vom 11.10.2017 – 5 AZR 621/16 – mit der Frage, ob Anwesenheitsprämien auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen sind.

Es bejaht die Rechtsfrage. Die Anwesenheitsprämie ist unter bestimmten Umständen mindestlohnwirksam.
Doch setzt die „Anrechnung” von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn voraus, dass die für eine geleistete Arbeitsstunde vertraglich vereinbarte Grundvergütung nicht ausreicht, den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erfüllen.
Nur in diesem Fall entsteht nach § 3 MiLoG ein Differenzanspruch, der mit mindestlohnwirksamen Sonderzahlungen erfüllt werden kann.
Ist indes die vertraglich oder normativ geschuldete Grundvergütung mindestens so hoch wie der gesetzliche Mindestlohn, bleibt für die „Anrechnung” einer Sonderzahlung kein Raum.
Die Sonderzahlung ist in diesem Fall neben der Grundvergütung zu zahlen.

 

2. Feiertagsvergütungen und Urlaubsgeld

Das Gesetz verpflichtet in § 1 Abs. 1 MiLoG einen Arbeitgeber, den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Hierbei handelt es sich demnach um einen gesetzlichen Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt.
Dieser Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn entsteht mit jeder geleisteten Arbeitsstunde.
Für Zeiten ohne Arbeitsleistung begründet hingegen das Mindestlohngesetz keine Ansprüche.
In die Entgeltvereinbarung der Arbeitsvertragsparteien und anwendbare Entgelttarifverträge greift das Mindestlohngesetz nur insoweit ein, als diese den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten.

Erreicht die vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte Vergütung den gesetzlichen Mindestlohn nicht, begründet dies von Gesetzeswegen einen Anspruch auf Differenzvergütung, wenn der Arbeitnehmer in der Abrechnungsperiode für die geleisteten Arbeitsstunden im Ergebnis nicht mindestens den in § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG vorgesehenen Bruttolohn erhält. .Dabei sind alle im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Entgeltleistungen des Arbeitgebers
geeignet, den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen

Die Erfüllungswirkung fehlt hingegen solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitgebers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung, z. B. aufgrund des Arbeitszeitgesetzes, beruhen.

Bei Zahlungen für einen Feiertag handelt es sich demnach nach einem Urteil des BAG vom 20.09.2017 – 10 AZR 171/16 – nicht um Vergütungszahlungen, die als Gegenleistung für geleistete Arbeit erfolgen.
Vergütet werden dadurch Zeiten ohne Arbeitsleistung.

Mindestlohnansprüche können daher durch Zahlungen für einen Feiertag nicht erfüllt werden.
Beim Urlaubsgeld handelt es sich um Entgelt, das der Arbeitnehmer zusätzlich zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts während des Urlaubs, dem Urlaubsentgelt, erhält.
Folglich erfüllt der Arbeitgeber auch mit Zahlung eines solchen Urlaubsgeldes den gesetzlichen Mindestlohn ebenfalls nicht. Er kann den entsprechenden Betrag nicht mit dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung des Mindestentgelts verrechnen.

2. Bereitschaftszeiten

Ein Arbeitgeber schuldet den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde und damit für alle Stunden, während derer der Arbeitnehmer die von ihm nach § 611 Abs. 1 BGB geschuldete Arbeit erbringt.

Vergütungspflichtige Arbeit ist dabei nicht nur die Vollarbeit, sondern nach einem Urteil des BAG vom 11.10.2017 – 5 AZR 591/16 – auch die Bereitschaftszeit.
Der Arbeitnehmer kann während des Bereitschaftsdienstes nach Ansicht des BAG nicht frei über die Nutzung dieses Zeitraums bestimmen, sondern muss sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (innerhalb oder außerhalb des Betriebs) bereithalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen.
Zeiten des Bereitschaftsdienstes sind auch deshalb zumindest mit dem Mindestlohn zu vergüten, weil die gesetzliche Vergütungspflicht des Mindestlohngesetzes nicht nach dem Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistung unterscheidet.
Leistet der Arbeitnehmer vergütungspflichtige Arbeit, gibt das Gesetz in jedem Fall einen ungeschmälerten Anspruch auf den Mindestlohn.

2018-01-16

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