Ausschreibung: Erklärungen und Nachweise für die letzten 3 Geschäftsjahre verlangt – Newcomer ungeeignet?

Ein öffentlicher Auftraggeber (öAG) verlangte in einer Ausschreibung Referenzen und Umsatzangaben aus den letzten drei Geschäftsjahren.
Bedeutet dies, dass Bieter, die neu am Markt agieren, keine Chance haben?

Zum Sachverhalt:

In der Ausschreibung ging es um die Erstellung eines täglichen Pressespiegels.
In den Bewerbungsbedingungen war hinsichtlich der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit Folgendes gefordert:
„Zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit sind mit dem Angebot mindestens drei Referenzen aus dem Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die die Erstellung eines Pressespiegels betreffen und eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr hatten, vorzulegen: (…). Diese sind in Form einer Liste der in den letzten drei vergangenen Kalenderjahren erbrachten Leistungen mit Angabe des Auftragswerts (brutto), des Liefer- bzw. Erbringungszeitraums (…) einzureichen.”

An anderer Stelle war zudem die Angabe der Umsatzzahlen der letzten drei Geschäftsjahre gefordert.

Bieter A rügte die Wertung des Angebots des Bestbietenden B, u. a. weil nach den Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers die Bewerber mindestens drei Jahre am Markt bestanden haben müssten. B habe jedoch bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist noch nicht drei Jahre existiert und könne so die Vorgaben nicht erfüllen.

Nach erfolgter Nichtabhilfeentscheidung stellte A einen Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer.
Der Nachprüfungsantrag hatte keinen Erfolg.

Die gestellten Forderungen zum Nachweis der Eignung und deren Formulierungen orientieren sich an § 45 Abs. 4 Nr. 4 VgV sowie § 46 Abs. 3 VgV.
Die Regelungen legen fest, was der öAG zum entsprechenden Nachweis für die Eignung der Bieter verlangen kann.
Als Referenzen kommen nach § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV grundsätzlich nur Leistungen in Betracht, die in den letzten höchstens drei Kalenderjahren vor Einleitung des Vergabeverfahrens erbracht wurden.
Die Forderung nach einer entsprechenden Liste bedeutet nicht, dass ein Unternehmen schon mindestens drei Jahre existiert haben muss. Vielmehr folgt aus dem Wort „höchstens”, dass es dem öAG grundsätzlich untersagt ist, Referenzen zu verlangen, die über diesen Zeitpunkt hinausgehen.

Auch ein junges Unternehmen kann demzufolge versuchen, den öAG mit einer Liste von Leistungen beispielsweise aus den letzten 18 Monaten davon zu überzeugen, dass eine hinreichende Erfahrung vorhanden sei.
Weder aus § 46 VgV noch aus § 45 ist herauszulesen, dass ein Bieter mindestens drei Jahre existiert haben muss, um die erforderliche Eignung seiner technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit nachzuweisen.

(VK Sachsen Beschluss vom 20.01.2017, Az.: 1/SVK/030-16)

Eine Bewerbung von Newcomern ist vom Vergaberecht auch ausdrücklich gewollt, allein aus Gründen der Förderung des Wettbewerbs und der Mittelstandsförderung. Alles andere wäre zudem diskriminierend.

Quelle: ABST M-V e.V.

2018-01-03

https://abst-mv.de

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