Zwei Urteile zum Thema „Gesetzlicher Mindestlohn“

Ab dem 01.01.2018 läuft die Übergangsfrist für den gesetzlichen Mindestlohn aus. Das heißt, der Mindestlohn von brutto 8,84 Euro pro Stunde gilt ausnahmslos in jeder Branche.

Da immer wieder Fragen auftauchen, welche Lohnbestandteile zum gesetzlichen Mindestlohn zählen, nachfolgend zwei Urteile des BAG zu Thema.
(Hinweis: Im Klagezeitraum galt der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 €/Stunde.)

– Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen sind mindestlohnwirksam

Das Bundesarbeitsgericht befasste sich im Urteil vom 24.05.2017 – 5 AZR 431/16 – erneut mit der Fragestellung, ob Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen mindestlohnwirksam sind.

Die Klägerin ist seit dem 15.03.2008 in einem von der Beklagten betriebenen Seniorenheim als Küchenkraft beschäftigt. Arbeitsvertraglich vereinbart ist eine regelmäßige Arbeitszeit von durchschnittlich 40 Wochenstunden und ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt 1.340,00 €. Außerdem erhielt die Klägerin von Juli 2011 bis Oktober 2014 für an Sonn- und Feiertagen geleistete Arbeit einen Zuschlag von 2,00 € die Stunde.

Mit der Klage verfolgt die Klägerin Ansprüche auf Sonn- und Feiertagszuschläge. Diese – so die Klägerin – seien aufgrund betrieblicher Übung gezahlt und dürften nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden.

Das BAG hat die Revision der Klägerin für unbegründet erklärt. Der Anspruch der Klägerin auf Sonn- und Feiertagszuschläge für die in den Monaten Mai und Juni 2015 geleistete Sonn- und Feiertagsarbeit ist durch Erfüllung i. S. d. § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

Der Mindestlohn ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG „je Zeitstunde” festgesetzt. Das Gesetz macht den Anspruch nicht von der zeitlichen Lage der Arbeit oder den mit der Arbeitsleistung verbundenen Umständen oder Erfolgen abhängig.
Mindestlohnwirksam sind daher alle in arbeitsvertraglichen Austauschverhältnissen erbrachten Entgeltzahlungen mit Ausnahme der Zahlung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen (BAG v. 25.05.2016 – 5 AZR 135/16).
Danach sind Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen mindestlohnwirksam. Sie sind im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachtes Arbeitsentgelt und werden gerade für die tatsächliche Arbeitsleistung gewährt. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegen Sonn- und Feiertagszuschläge nicht.

– Eine Leistungszulage bildet eine im rechtlichen Austauschverhältnis stehende Geldleistung und erfüllt den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers

Das Bundesarbeitsgericht befasste sich im Urteil vom 06.09.2017 – 5 AZR 317/16 – erneut mit Rechtsfragen des gesetzlichen Mindestlohns. Dabei ging es um die Frage, ob eine gezahlte Leistungszulage auf den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers angerechnet werden kann.

Die Klägerin ist bei der Beklagten, die elektronische Baugruppen entwickelt und produziert, als Montagehelferin mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 35 Stunden beschäftigt.
Die Beklagte bezahlt der Klägerin einen Gesamtstundenlohn, bestehend aus einem Grundlohn von 6,22 € brutto/Stunde und einer Leistungszulage, deren Höhe von der Anzahl der pro Stunde montierten Teile abhängig ist. Sie hat zuletzt maximal 37 % des Grundstundenlohns betragen. Von Januar bis Mai 2015 vergütete die Beklagte alle abgerechneten Stunden mit 8,52 € brutto.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn für die Monate Januar bis Mai 2015 geltend gemacht. Die in Höhe von 2,30 € brutto je Stunde gezahlte Leistungszulage sei auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht anrechenbar – so die Klägerin. Mit ihr werde eine zusätzliche Leistung honoriert, während der Mindestlohn nur eine „Normalleistung” von 100 % abgelte.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Danach – so das BAG – ist der Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Mindestlohn mit Zahlung des Gesamtstundenlohns von 8,52 € brutto durch Erfüllung i. S. d. § 362 Abs. 1 BGB erloschen.
Der Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 MiLoG ist ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tariflichen Entgeltanspruch tritt. § 3 MiLoG führt bei Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns zu einem Differenzanspruch (BAG vom 25.05.2016 – 5 AZR 135/16).
Der Arbeitgeber hat den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit 8,52 € ergibt.
Danach gilt ein umfassender Entgeltbegriff, so dass alle im Austauschverhältnis stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers geeignet sind – so das BAG -, den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen.
Von den im vorstehenden Sinne erbrachten Entgeltzahlungen des Arbeitgebers fehlt folglich nur solchen Zahlungen die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen (BAG vom 25.05.2016 – 5 AZR 135/16).

Tipp:
Zum Thema Mindestlohn und Dokumentationspflichten siehe GründerNews vom 04.12.2017

2017-12-21

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