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Jeder fünfte Gründer ist Quereinsteiger

Im Jahr 2016 haben sich in Deutschland 672.000 Menschen beruflich selbstständig gemacht. Von ihnen sind 29 % Akademiker, 6 % haben einen Fachschulabschluss als Meister oder Techniker, 40 % haben eine Berufsausbildung absolviert.
Die Zusatzerhebung des KfW-Gründungsmonitors fragt:

  • Greifen Gründer auf Kenntnisse aus Studium und Ausbildung zurück?
  • Machen sie sich im erlernten Beruf selbstständig?
  • Fühlen sie sich für die Gründung gerüstet?

Kein enger Zusammenhang zwischen Ausbildung und Gründungsprojekt

Was das Rüstzeug anbelangt, ist die Mehrheit der Gründer skeptisch: Nur 24 % beurteilen ihren Bildungsweg als gute Vorbereitung auf die Selbstständigkeit. Ebenfalls ein Viertel der Gründer meint, dass rückblickend eine (andere) Ausbildung oder ein (anderes) Studium sinnvoller für ihr Gründungsprojekt gewesen wäre. Der Anteil von Gründern, die ihre Geschäftsidee ihrer Ausbildung bzw. ihrem Studium verdanken, beträgt 28 %. Hierbei ist die zwischen Abschluss und Gründung verstrichene Zeit ausschlaggebend: Während 37 % der Gründer unter 30 Jahren ihre Idee in der Bildungsphase entwickelt haben, sind es bei den über 50-Jährigen nur 11 %.

Gründer oft fernab des erlernten Berufs, aber mit Branchenerfahrung

Ein Drittel der befragten Gründer gibt an, im Arbeitsalltag keine Kenntnisse aus Ausbildung oder Studium anzuwenden. Dies ist auf den Umstand zurückzuführen, dass der Schritt in die Selbstständigkeit bei jedem zweiten Gründer außerhalb des ursprünglich erlernten bzw. studierten Fachs stattfindet: 53 % der Gründer starten in einer fachfremden Branche, wie die Auswertung des KfW-Gründungsmonitors für die Jahre 2013 bis 2016 zeigt . Die meisten haben sich jedoch nicht erst
bei der Gründung von ihrem Ausbildungsfach entfernt, sondern bereits früher im Erwerbsleben. Fast drei Viertel (73 %) der Gründer haben zuvor Berufserfahrungen in ihrer Gründungsbranche gesammelt. Die Hälfte von ihnen kann sogar mehr als fünf Jahre Branchenerfahrung vorweisen.

Jeder fünfte Gründer ist Quereinsteiger

Zusammengefasst haben 82 % der Gründer fachliche Vorkenntnisse, weil sie entweder bereits in diesem Bereich gearbeitet oder einen Bildungsabschluss erworben haben (darunter 38 %, für die beides gilt.) Im Umkehrschluss heißt das: Mit 18 % ist fast jeder fünfte Gründer ein völliger Quereinsteiger. Die Selbstständigkeit ist für viele der kürzeste Weg zu einer fachlichen Neuorientierung, auch weil Bildungszertifikate und andere Qualifikationsnachweise eine kleinere Rolle spielen als bei der Jobbewerbung. Dementsprechend sind Quereinsteiger in Branchen mit niedrigen formalen Eintrittsbarrieren auch häufiger, besonders im Einzelhandel. Im Baugewerbe und den freien Berufen sind sie hingegen die Ausnahme.

Quereinstieg selten aus der Not

Die Motive für eine Quereinstiegs-Gründung können sehr unterschiedlich sein. Manche Gründer sehen die Chance, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Der KfW-Gründungsmonitor dokumentiert zum Beispiel Mathematiker, die Restaurants eröffnen, Fahrzeugtechniker, die sich als DJ selbstständig machen, oder Landwirte, die zum Denkmalpfleger umsatteln. Andere Gründer haben mit ihrer Berufsqualifikation Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt und wählen den Quereinstieg mangels Erwerbsalternativen. Diese so genannten Notgründer sind allerdings unter Quereinsteigern seltener als im gesamten Gründungsgeschehen (22 vs. 27 %). Die Chancengründer überwiegen klar (61 vs. 52 %).

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Quereinstieg meist im Nebenerwerb Quereinsteiger gründen öfter im Nebenerwerb. Der Anteil liegt mit 71 % deutlich über dem Durchschnitt (58 %). Dementsprechend investieren sie auch weniger Wochenstunden in ihr Gründungsprojekt und tragen weniger zum Haushaltseinkommen bei. Offenbar geht es vielen Quereinsteigern darum, sich ein zweites Standbein aufzubauen – oder vor dem Sprung ins kalte Wasser die Temperatur zu prüfen.

Autoren: Dr. Arne Leifels, Katharina Stückradt , KfW

11/25/2017

 

 

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