“Mecklenburg-Vorpommern ist ein gutes Land zum Gründen!” – mit diesem Satz sprach Dr. Daniel Klüß, selbst Gründer der Innoproof aus, wofür die Veranstaltung “Vom Wissenschaftler zum Start-up-Gründer”, ausgerichtet vom Forschungsverbund Mecklenburg-Vorpommern, einen Beweis antreten wollte.
Klüß’ Start-Up testet Knie-, Hüft-, Zahn und andere medizinische Prothesen aus der ganzen Welt. Patienten profitieren vom verbesserten Testverfahren, denn in Zukunft können sie weiterhin ein aktives Leben führen. Gemeinsam mit Dr. Carmen Zietz gründeten die beiden Wissenschaftler aus der Universität Rostock heraus ihr eigenes Prüflabor für mechanisch belastete Implantate. Dr. Daniel Klüß ließ auf der Veranstaltung Kollegen, Gründer und Gründungswillige lebendig und bildhaft an seiner Start-up-Erfahrung teilhaben.
Start-ups bringen für das ganze Land: Arbeitsplätze, Wirtschaftskraft und Wissenstransfer
Der FMV Forschungsverbund hatte in die Rostocker Einrichtung für Großstrukturen in der Produktionstechnik (IGP) eingeladen: Gründer und Förderer – Forscher die sich auf den oft steinigen, langen und kostspieligen Weg zum Founder gemacht haben. So kam natürlich auch Frank Stüpmann, Geschäftsführer des FMV zu Wort. Der erläuterte dem Auditorium, warum es so wichtig ist, Wissenschaftler für eine wirtschaftliche Verwertung ihrer Forschungsergebnisse zu sensibilisieren und zu begeistern. Das SPINNOFF-Projekt wurde speziell zur Förderung anwendungsnaher Ideen und Innovationsprojekte aus den Hochschulen und Forschungseinrichtungen ins Leben gerufen. Es bietet aber Start-ups aus der Wissenschaft außerdem auch Technologie-Coaching und vieles mehr.
Über weitere Formen der Gründer-Unterstützung berichtete auch Till Wollenberg von der VestiFi GmbH, der mit seinem dreiköpfigen Team WLAN-Netze für Kunden analysiert und optimiert. Dieses inzwischen am Markt erfolgreiche Trio, das sich ebenfalls aus der Rostocker Uni heraus gegründet hat, erhielt Exist- und Gründer-Stipendien des Landes.
Innoproof-Gründer Klüß hatte eine ganze Reihe guter Tipps für angehende Gründer mitgebracht und mit dem einen oder anderem Imperativ versehen: “Gründet nur, wenn ihr absolut von der Idee überzeugt seid!” oder “Macht es möglichst nicht alleine!” Manches auf dem Podium Vorgetragene konnte später im direkten Dialog mit all den versammelten Gründungserfahrenen und Unterstützern vertieft werden.
Kaltes Plasma hilft Zellen heilen
Am “ganz großen Rad drehen” derzeit Gründer aus Greifswald. Das Team der Coldplasmatech GmbH ist als Ausgründung aus dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) gerade dabei, mindestens die Welt – auf jeden Fall die Gesundheitswirtschaft – zu erobern. Mit dem Plasma Cube und ihrem PlasmaPatch, einer Art “iPhone” und Hightech-Pflaster für Hautärzte und Kliniken. Schmerzhafte chronische Wunden dauerhaft zu heilen: Das ist das hochgesteckte Ziel von Coldplasmatech. Die Greifswalder Gründer entwickeln ihr innovatives Hightech-Pflaster, indem sie die zuvor ausgiebig am INP erforschten physikalischen Eigenschaften von kaltem Plasma nutzen. Mit der neuen Wundauflage können offene Beine, das diabetische Fußsyndrom oder Druckgeschwüre behandelt werden. All das funktioniert im übrigen auch in der Tiermedizin. Mit der revolutionären Plasmabehandlung von der Ostseeküste scheint zudem ein neuer Weg gefunden, wie mit multiresistenten Keimen gekämpft werden kann, wenn die traditionellen Behandlungen, etwa mit Antibiotika, versagen.
Raus aus dem Türmen der Wissenschaft!
Mit Unterstützung von EXIST-Forschungstransfer bereiten vier Wissenschaftler ihre Ausgründung vor. Derzeit stehen sie mit ihren Erfindungen kurz vor der Marktreife. Dr. Carsten C. Mahrenholz berichtete imposant, was auf diesem Weg aus den geschützten Türmen der Wissenschaft in die raue See der Wirtschaft alles so an unvorhergesehenem passieren kann. Und solche Start-ups kommen nicht ohne “fremdes Geld” aus. Auch das machte dieser Gründer mit zahlreichen Anekdoten und Meilensteinen dieser Wissenschafts(Aus-)gründung klar. Und hatte zudem mit Alfred Möckel (s)einen Business Angel an der Seite.
Der Berliner Kapital- und Ratgeber berichtet über seine ehrenwerte Tätigkeit und über Anforderungen, die Geldgeber an Gründer für gewöhnlich stellen, schrieb den Gründern einiges ins Stammbuch, was beachtet werden sollte, wenn sich jemand anschickt, seine geniale Idee in die Realität umzusetzen und damit auch noch seinen Lebensunterhalt bestreiten will.
Kompaktwissen: Einfach anfangen!
Vier Stunden Gründer-Know-how kompakt – wer sich dieses geballte Wissen zur Vorbereitung und Finanzierung von Ausgründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen entgehen ließ, sollte besser im stillen Kämmerlein oder hermetisch isolierten Labor weiter wursteln – aber auf keinen Fall gründen. Für alle anderen stehen der FMV Forschungsverbund, die Fraunhofer Einrichtung für Großstrukturen in der Produktionstechnik (IGP) und viele andere Partner landauf, landab bereit, um bei einer Gründung beizustehen und die Schwierigkeiten des Anfangens zu erleichtern.
Wissenschaftliche Qualität in MV vs. Masse im Hotspot Berlin
Selbst wenn Mecklenburg-Vorpommern nur etwa ein Prozent der bundesweiten Start-up-Szene ausmacht und hervorbringt, wie der gerade zum Business Angel des Jahres 2017 gekürte Alfred Möckel dem Podium anschaulich vorhielt: Er bescheinigte dem Nordosten jedenfalls so spannende wie vielseitige, so wissenschaftlich-fundiert wie erfolgversprechende Forschungsgegenstände und Gründungs-Projekte. Die Themenbreite und -tiefe reicht dabei hierzulande von eisgängigen Flüssiggastankern für die maritime Wirtschaft bis zu Rezepten zur Verwendung der Süßlupine in der Lebensmittelherstellung, vom Plasma-Pflaster bis zur Optimierung von Solaranlagen oder professionellen WLAN.
Soll doch Berlin mit 17 Prozent Anteil an den bundesweit erfassten Startups als der Hotspot gern seinen Ruhm einfahren. Eine solche Vielseitigkeit wie MV hat die deutsche Gründerhochburg dann doch nicht zu bieten, gibt Möckel sich überzeugt.
Quellen: FMV/gruender-mv.de/Ralph Schipke
10/12/2017