E-Mobilität

Zu geringer Profit: Bremsen Bezahlsysteme Elektromobilität aus?

Die Elektromobilität darf nicht am Laden scheitern, warnt der Technologieverband VDE und veröffentlicht eine Studie zur Rentabilität von Bezahlsystemen an Ladetankstellen anlässlich der IAA in Frankfurt. Der Technologieverband warnt: „Wir dürfen den Blick für das große Ganze nicht verlieren, Elektromobilität darf nicht an Kleinigkeiten scheitern!“ In die gleiche Kerbe wurde am 13. September auch beim 99. RWI-Unternehmergespräch der Regionalen Wirtschaftsinitiative Ost Mecklenburg-Vorpommern e. V. gehauen.

So referierte Frank Jacobi, Projektmanager der Landesenergie- und Klimaschutzangentur (LEKA) vor Unternehmern der Region über die Ladeinfrastruktur für E-Mobilität und Wasserstoff hierzulande.  Zwei Kernprobleme stellte der Experte für die Ladeinfrasturkturentwicklung heraus: Einerseits den Mangel an Erfahrungswerten, wann, wo, wie und wie lange E-Mobile in naher Zukunft geladen werden. Diese Kenntnisse seien aber enorm wichtig und hilfreich, um (Schnell-)Ladesäulen und private Elektorenergie-Zapfstellen – die sogenannte Wallbox, die in jedes Carport montiert  werden könnte  –  passend über das ganze Land und die Städte zu verteilen und das Stromnetz an den richtigen Stellen zu ertüchtigen.  Er berichtete auch von den verwirrend unterschiedlichen Lade-Standards der verschiedenen Hersteller und Marken sowie über derzeit noch verbraucherunfreundliche Zugangsschranken und Bezahlsysteme an den öffentlichen Ladestationen.

Auch  auf der  IAA (Internationale Automobil-Ausstellung) stehen Elektroautos im Mittelpunkt. Dennoch herrscht landauf, landab immer noch Skepsis. Käufer schrecken mangels Ladeinfrastruktur und Reichweite vom Kauf zurück, potenzielle Betreiber von Ladetankstellen schrecken angesichts zu geringer Einnahmen vor dem Bau derselben zurück – ein klassisches Henne-Ei-Problem. Wie Betreiber mit Anreizen gelockt werden können, hat jetzt der VDE in der Studie „Ad-hoc-Laden und spontanes Bezahlen: Wie sich punktuelles Aufladen umsetzen lässt“ untersucht. „Was zunächst banal klingt, birgt viel Sprengstoff in der Umsetzung“, erklärt Dr. Wolfgang Klebsch, Experte für Elektromobilität im VDE und Autor der Studie. „Während das Betanken eines Autos mit Verbrennungsmotor an einer Zapfsäule selten mehr als eine Minute dauert und der Bezahlbetrag meist über 20 Euro liegt, sind die Verhältnisse an einer Ladesäule für Elektroautos deutlich ungünstiger“, führt Klebsch weiter aus. Das Aufladen an einem 11‐kW Ladepunkt würde beispielsweise, je nach Ladezustand der Batterie, ein bis zwei Stunden dauern. Und für den Betreiber kämen fünf bis maximal zehn Euro an Betrag raus. „Die zu erwartenden Margen sind schlichtweg zu gering. Unter den Voraussetzungen ist keiner bereit, eine Ladeinfrastruktur aufzubauen und zu betreiben“, holt Klebsch aus. Er untersuchte deshalb im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, wie sich die Kosten für die angebotenen Bezahlsysteme in Grenzen halten lassen.

Online Bezahlsysteme unrentabel

Die Studie zeigt anhand einer Bewertungsmatrix geeignete Bezahlsysteme für das Ad-hoc-Laden. Sie fokussiert dabei auf Geschäftsmodelle für die klassische Ladeinfrastruktur (LIS)-Betreiber (Stromversorger, Stadtwerke, Roaming‐Provider), für LIS‐Quereinsteiger (Autobahnraststätten, Tankstellen, Parkhäuser) und für Händler und Dienstleister von Mehrwertdiensten (Supermärkte, Baumärkte, Hotels, Restaurants). Ein überraschendes Ergebnis der Studie ist, dass die auf der Betreiberseite anfallenden Kosten sehr breit gestreut sind. Von daher rät Wolfgang Klebsch davon ab, pauschal auf gängige Online‐Bezahlsysteme zu setzen. Denn angesichts der an Ladesäulen anfallenden geringen Bezahlbeträge und Margen erweisen sich gerade die einschlägigen Online‐Bezahlsysteme via Smartphone oder Kreditkarten als besonders teuer. Demgegenüber stellt sich die konservative Prepaid‐Bezahlfunktion GiroGo auf EC‐Karten für diese Anwendung als eine für die Betreiber kostenmäßig sehr günstige Lösung dar, da hier Gebühren von nur 1 bis 4 Cent pro Transaktion anfallen. „Bei dieser Lösung muss der Nutzer allerdings „mitspielen“. Von ihm wird erwartet, dass er seine Geldkarte regelmäßig mit Bargeld auflädt“, sagt Klebsch. Für den Autofahrer bedeutet das, die Bequemlichkeit ein Stück weit aufzugeben. Dafür wird das Tanken billiger.

Leea will E-Mobilität populärer machen

Am Neustrelitzer Leea, dem Landeszentrum für erneuerbare Energien Mecklenburg-Vorpommern,  hat man sich der Popularisierung der E-Mobilität verschrieben.  Zwölf regionale Energieversorgungsunternehmen haben sich bereits 2015 unter dem Leea-Dach in Neustrelitz zum Trägerkreis E-Mobilität Mecklenburg-Vorpommern e. V. zusammengeschlossen. Als dreizehntes Gründungsmitglied sitzt die Leea GmbH mit im Boot. Im kommunalen Umfeld der Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen gelte es, die Elektromobilität im Land voranzubringen. „Sie ist im Szenario der alternativen Antriebstechnologien ein zukunftsfähiges Verkehrssystem, welches das Erreichen der Klimaschutzziele entscheidend sichern kann“, heißt es in einer Absichtserklärung. Im Jahr 2017 wurden drei weitere Energieversorgungsunternehmen des Landes in den Trägerkreis aufgenommen.

Dieser Verein will Elektromobilität also stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken und ihr schließlich zum Durchbruch im ganzen Land verhelfen. Energieversorger sowie Multiplikatoren und Entscheider aus Politik, Verbänden, Wirtschaft und Wissenschaft sollen über die Entwicklungen der Ladeinfrastruktur in Mecklenburg-Vorpommern, über technische Innovationen, Fördermaßnahmen und vieles mehr zum Thema E-Mobilität informiert und bei ihren Aktivitäten unterstützt werden. So auch die RWI-Mitglieder die aus der Seeplatte – zum (ganz kleinen) Teil sogar schon elektrisch angereist waren.

Ordentlich Strom unter der Haube

Wer noch niemals mit ausschließlich Strom unter der Haube oder hybrid, im Duo mit Verbrennungs- und E-Motor, auf der Straße unterwegs war, bekam durch zwei regionale Autohäuser Gelegenheit, die leise Freude am Fahren mit Elektroenergie auszuprobieren. Auch für Gründerinnen, Gründer und Start-ups könnte das eine mittel- und langfristig eine Mobilitätsvariante darstellen. Wer zu diesem Thema Beratungsbedarf hat, sich über Fördermöglichkeiten informieren möchte, ist im Leea an der richtigen Adresse. Robert Grzeko vom Neustrelitzer Landeszentrum hat alle Daten über vorhandene Technik und die aktuellen Fördermöglichkeiten im Bereich E-Mobilität parat.

Brennstoffzellen für jede stromlose Ecke der Welt

Dr. Matthias Boltze, Geschäftsführer bei der new enerday GmbH in Neubrandenburg. Foto: Grit Gehlen/Archiv

Und wer dort Strom braucht, wo meilenweit keine Leitung in Sicht ist oder das Stromnetz als störanfällig gilt, ist beim Neubrandenburger Techno-Startup new enerday GmbH genau richtig. Die Mannschaft um Dr. Matthias Boltze hat sich seit einer Ausgründung aus einem großen Viertorestädter Fahrzeugzubehör-Hersteller 2010  zu einem Marktführer bei innovativen Brennstoffzellen zur netzfernen und autarken Stromversorgung gemausert. Für das extrem kompakte System bis 1000 Watt elektrischer Leistung, das heute von Alaska bis Sibirien, von der Schweiz bis in die Seenplatte im Einsatz ist, erhielt  new enerday  2015 den gerade wieder ausgeschriebenen Ludwig-Bölkow-Technologiepreis.

Quelle: Ralph Schipke/ VDE

09/14/2017

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