Innovationslandschaft: Nur im Süden Weltspitze

Wenige Wirtschaftsräume in Bayern und Baden-Württemberg dominieren die deutsche Innovationslandschaft und halten international mit. In den meisten Regionen wird jedoch viel zu wenig in Forschung investiert, zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Doch die Politik kann gezielt gegensteuern.

Die Innovationskraft ist in Deutschland extrem ungleich verteilt. Wirtschaftsräume aus den südlichen Ländern sind Ideenschmieden auf Weltniveau: Nirgends fließt hierzulande so viel Geld in Forschung und Entwicklung – und das zahlt sich aus. So liegt der Raum rund um Stuttgart mit 577 Patentanmeldungen pro 100.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten deutschlandweit an der Spitze. In der Region um Ingolstadt waren es 486, im Bundesschnitt 125.

ForschungsInvestitionen in MV knapp über Bulgarien

„Würde ganz Deutschland wie Baden-Württemberg und Bayern forschen, läge es im internationalen Vergleich auf Platz eins“, analysiert IW-Wissenschaftler Oliver Koppel. Doch die anderen Bundesländer fallen stark ab und ziehen Deutschland nach unten. Insgesamt verpassen drei Viertel aller hiesigen Wirtschaftsräume das EU-Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in unternehmerische Forschung zu investieren.  In den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern (auf Platz 11 der Flächenländer), Saarland und Sachsen-Anhalt lagen die innerbetrieblichen FuE-Investitionen gemessen an der BWS bei einem halben Prozent beziehungsweise knapp darüber, was in etwa den Werten von Polen oder Bulgarien im Jahr 2014 entspricht (KOM, 2016).

Nur Wolfsburg und Jena durchbrechen Süd-Dominanz in der Innovationslandschaft

Jobmotoren

Auch die Rostocker Gensoric GmbH schafft mit dem Willpower-Projekt Arbeitsplätze. Im laufenden Jahr dürften noch zahlreiche weitere Jobs in Start-ups entstehen. Mehr als drei Viertel der Gründer (77 Prozent) gehen davon aus, dass sie neue Mitarbeiter einstellen werden. Foto: Ralph Schipke

Es zeigt sich: von der Metall- und Elektroindustrie geprägte Regionen treiben die Innovation voran. Nur den Wirtschaftsräumen um Wolfsburg und Jena gelingt es, die Dominanz des Südens zu durchbrechen. In beiden Regionen fließt gemessen an der Wirtschaftsleistung überdurchschnittlich viel Geld in die Forschung – mit entsprechenden Patenterfolgen. Gleichzeitig existiert ein starkes Innovationsgefälle zwischen Stadt und Land.

Für die allgemeine Gründungsneigung setzt diese Studie die Anzahl der Neugründungen zu 100 aktiven Unternehmen ins Verhältnis. Die spezifische Gründungsneigung, die den Innovationsbezug berücksichtigt, errechnet sich aus dem Anteil der innovationsaffinen an allen Neugründungen. Werden diese beiden Informationen miteinander kombiniert, so ergibt sich die Gründungsintensität in innovationsaffinen Branchen, konkret: das Verhältnis von innovationsaffinen Neugründungen je 10.000 aktive Unternehmen insgesamt. In diesem Fokus kann sich Mecklenburg-Vorpommern auf Platz 7 noch vor Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen und Niedersachsen einreihen.

International erfolgreiche Spitzencluster nach dem Vorbild des Silicon Valley existieren auch in Deutschland, jedoch können ländliche Gebiete nicht mit den innovativen Großstädten mithalten. „Die Politik muss mehr dafür tun, dass bislang abgehängte Innovationsregionen wieder aufschließen, ohne die Top-Regionen zu schwächen“, sagt Koppel. Hierfür sollten forschende Unternehmen steuerlich gefördert werden. Zudem müsse das Breitbandinternet auf dem Land ausgebaut werden, um technologieorientierte Unternehmensgründungen zu erleichtern. Ziel müsse es sein, eine gleichmäßiger über das Land verteilte Innovationskraft zu erreichen und Deutschland damit insgesamt zu stärken.

Sarah Berger/Hanno Kempermann/Oliver Koppel/Anja Katrin Orth/Enno Röben: Innovationsatlas 2017. Die Innovationskraft deutscher Wirtschaftsräume im Vergleich; IW-Analyse 117

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