Außergewöhnliche Belastung: Neue Rechenregeln laut Bundesfinanzhof

Einige private Ausgaben, die zwangsläufig und notwendig sind, dürfen als außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung ansetzt werden.

Dazu gehören u. a. Krankheitskosten, Aufwendungen für Hilfsmittel (z. B. Brillen, Prothesen, Zahnersatz …) oder Bestattungen. Für auswärts wohnende Kinder in Ausbildung und Menschen mit Behinderung gibt es einen pauschalen Freibetrag.
Ob sich die außergewöhnliche Belastung überhaupt steuersparend auswirkt, hängt von Einkommen, Familienstand und Kinderzahl ab. Denn auf der Grundlage dieser Faktoren wird die individuell zumutbare Belastung ermittelt.

Gesetzlich geregelt sind die außergewöhnlichen Belastungen in § 33 Einkommensteuergesetz (EStG)

In einem jetzt veröffentlichten Urteil (Az. VI R 75/14)  hat der Bundesfinanzhof  (BFH) klar gestellt, dass die außergewöhnliche Belastung seit Jahrzehnten falsch berechnet wird.
(„… Leitsätze: 1. Abweichend von der bisherigen (durch die Rechtsprechung gebilligten) Verwaltungsauffassung, wonach sich die Höhe der zumutbaren Belastung ausschließlich nach dem höheren Prozentsatz richtet, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der in § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Grenzen überschreitet, ist die Regelung so zu verstehen, dass nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet wird….“)

Außergewöhnliche Belastung: Zumutbare Belastung muss neu berechnet werden

Der Bundesfinanzhof stellte damit klar, dass die zumutbare Belastung bei Ermittlung der abziehbaren Belastung komplett neu berechnet werden muss.
Nach dem Urteil des BFH wird jetzt also nur noch der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Stufengrenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet. Danach erfasst z. B. der Prozentsatz für Stufe 3 nur den 51.130 € übersteigenden Teilbetrag der Einkünfte. Bislang gingen demgegenüber Finanzverwaltung und Rechtsprechung davon aus, dass sich die Höhe der zumutbaren Belastung einheitlich nach dem höheren Prozentsatz richtet, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der in § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Grenzen überschreitet.

Beispiel:

Ein Ehepaar mit zwei Kindern und Einkünften von 55.000 Euro beantragt in der Steuererklärung eine außergewöhnliche Belastung aufgrund selbst getragener Krankheitskosten in Höhe von 3.000 Euro.

Alte Berechnung:
Das Finanzamt ermittelt nach der geltenden Tabelle (in § 33 EStG) eine zumutbare Belastung von 2.200 Euro (= 4 % von 55.000 Euro).
Deshalb wird das zu versteuernde Einkommen des Ehepaars nur um eine außergewöhnliche Belastung in Höhe von 800 Euro gemindert (selbst getragene Krankheitskosten in Höhe von 3.000 Euro abzüglich zumutbarer Belastung in Höhe von  2.200 Euro).

Nach der neuen Methode wird die zumutbare Belastung  wie folgt ermittelt:
Selbst zu tragende Krankheitskosten
– bis 15.340 Euro:   306,80 Euro (2 % von 15.340 Euro)
– bis 51.130 Euro: 1.073,70 Euro (51.130 Euro abzüglich 15.340 Euro: 3 % von 35.790 Euro;)
– bis 55.000 Euro:   154,80 Euro (55.000 Euro abzüglich 51.130 Euro: 4 % von 3.870 Euro)
Zumutbare Belastung gesamt: 1.535,30 Euro

Demzufolge wird das zu versteuernde Einkommen des Ehepaars um eine außergewöhnliche Belastung in Höhe von 1.464,70 Euro gemindert (selbst getragene Krankheitskosten in Höhe von 3.000 Euro abzüglich zumutbarer Belastung in  Höhe von 1.535,30 Euro).

2017-05-03

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