Gründung “nebenberuflich”

Lean Startup & Bootstrapping an Wochenenden und abends. Was steckt dahinter und wie lassen sich die beiden Modelle miteinander vereinen? Welche Vorteile hat das und welche Herausforderungen muss man im Blick haben?

Das Leben der meisten Angestellten ist zu großen Teilen relativ unkompliziert. Stabiles Einkommen, feste Arbeitszeiten und begrenzte Verantwortung. Das lässt Zeit, in der Freizeit Hobbys und Interessen nachzugehen. Viele Menschen sind mit diesem stabilen Leben zufrieden. Doch es gibt eine nicht zu vernachlässigende Gruppe von Menschen, denen dieses bequeme Leben nicht genug ist. Sie wollen mehr. Mehr Geld. Mehr Verantwortung. Mehr Abenteuer. Diese Menschen sind wie geschaffen, Gründer zu werden.

Doch nicht jeder kann und will gleich alles hinwerfen und ein eigenes Unternehmen gründen. Für diese Menschen ist das Gründen neben dem Beruf eine gute Alternative. Doch wie vereinbart man sein bisheriges Leben und den Job mit den Anforderungen, die ein Unternehmen an einen stellt. In diesem Beitrag werden wir uns zwei Methoden aus der Startup-Szene anschauen, die dem angehenden Gründer mit Vollzeitbeschäftigung helfen können.

Bootstrapping: Unabhängig am eigenen Schopf ziehen

Angefangen hat das Ganze Baron von Münchhausen, der sich an seinen eigenen Schnürsenkeln aus dem Sumpf gezogen hat. Obwohl der Wahrheitsgehalt seiner Aussage durchaus angezweifelt werden darf, wurde nach seiner Geschichte eine Art der Unternehmensfinanzierung benannt. Kurz gesagt bedeutet Bootstrapping, dass man sein Unternehmen ohne die Hilfe von Fremdkapital aufbaut. Alle Investitionen werden aus der eigenen Tasche bezahlt und fällt dann mal Gewinn ab, wird dieser in den Ausbau des Unternehmens investiert.Diese Methode der Finanzierung bietet keinen schnellen Erfolg, hat aber entscheidende Vorteile für den nebenberuflichen Gründer.

Verantwortung: Nichts ärgert einen bei seinem eigenen Unternehmen mehr als jemand, dem man Rechenschaft schuldig ist. Nimmt man kein Geld von der Bank oder von Investoren an, ist man nur sich selbst Rechenschaft schuldig. Ohne diesen Druck kann der Gründer also selbst entscheiden, wie viel Zeit und Mühe er zu einem bestimmten Zeitpunkt in das Projekt investiert. Fordert der Hauptjob einmal mehr Aufmerksamkeit, kann man das Arbeitspensum im gegründeten Unternehmen etwas zurückfahren.

Finanzielle Belastung: Keine Finanzierung bedeutet keine Schulden zu haben. Banken erwarten ihr Geld in einem bestimmten Zeitraum zurück und das samt Zinsen. Investoren wollen natürlich auch Geld mit dem Unternehmen finanzieren und fordern meist das schnellstmögliche Wachstum. Beiden ist man als Bootstrapper nichts schuldig. Das Unternehmen wird also nicht daran scheitern, dass es seine Zinsen nicht zurückzahlen kann.

Nachhaltigkeit: Unternehmen, die voll auf Wachstum setzen, überholen sich schnell selbst und scheitern dann, weil sie ihrer Nachfrage nicht mehr nachkommen können. Mit einem Unternehmen Marke Eigenbau wird das nicht passieren. Schon in der Grundstruktur kann einem Bootstrapping-Unternehmen so etwas gar nicht passieren. Da für Expansion immer nur so viele Mittel zur Verfügung stehen, wie der Profit zulässt, kann das Unternehmen sich nicht übernehmen. So wird sichergestellt, dass das Unternehmen dem Gründer nicht über den Kopf wächst und die Nachfrage immer bedient werden kann.

Sicherheit: Was passiert, wenn man ein fremdfinanziertes Unternehmen in den Ruin reitet? Gläubiger passieren. All jene, die Geld in das Unternehmen investiert haben, Investoren sowie Banken, werden versuchen, ihre Verluste möglichst gering zu halten. Das geschieht dann zulasten des Gründers. Entweder wird das Unternehmen in Insolvenz geschickt und stückweise verkauft oder der Gründer muss privat haften und steht dann unter Umständen vor der Privatinsolvenz.
Was passiert, wenn man ein eigenfinanziertes Unternehmen in den Ruin reitet? Das investierte Geld ist weg. Angenommen, man handelt mit der nötigen Voraus- und Vorsicht, sollten auch keine offenen Forderungen gegen das private Vermögen bestehen.

Lean Startup: Die “schlanke” Gründung

Im Gegensatz zum Bootstrapping hat das Lean Startup eher mit dem Produkt als mit der Finanzierung zu tun. Statt wie beim klassischen Startup erst die Unternehmensstruktur zu schaffen und dann ein Produkt zu entwickeln, geschehen hier beide Dinge gleichzeitig. Das Produkt wächst natürlich und nachhaltig mit dem Unternehmen mit. Dafür muss ein minimum viable product (MVP) entwickelt werden. Dieses sollte nur die grundlegenden Funktionen des gewünschten Produkts erfüllen. Frei nach dem Motto: So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Dadurch wird sichergestellt, dass keine Zeit für unnötige Funktionen verschwendet wird.

Im nächsten Schritt wird das Produkt bereits Kunden vorgesetzt. Diese, erhalten Zugang zum Produkt und sollen so viel Feedback wie möglich geben. Im Gegenzug erhalten sie Rabatte beim Preis oder bevorzugten Zugriff beim endgültigen Launch des Produkts. Die gewonnenen Erkenntnisse nutzt der Gründer und entwickelt sein Produkt in die richtige Richtung weiter. Dann beginnt der Prozess wieder von vorne. So entsteht ein Produkt, das die Kunden mitentwickelt haben und das dadurch die Anforderungen besser erfüllt.

Doch warum ist dieses Prinzip vor allem für nebenberufliche Gründer von Vorteil? Es liegt am geringen Aufwand. Ein MVP zu entwickeln ist sehr viel einfacher als ein poliertes Produkt fertigzustellen. Das kann auch in der Zeit neben dem Job geschehen, also am Wochenende und am Abend. Durch den frühen Kundenkontakt wird auch verhindert, dass das Produkt am Kunden vorbei entwickelt wird. Man verrennt sich also nicht in eine Idee, die viel Arbeit macht, aber am Ende nicht gekauft wird.

In Kombi – weniger Risiko möglich

Beide Methoden können den angehenden Nebengründer exzellent dabei unterstützen, vom bequemen Otto-Normal-Leben in die Startup-Welt zu wechseln – ohne einen Kulturschock zu bekommen. Kombiniert man Bootstrapping und Lean Startup-Methode, vermindern sie einen Großteil der Risiken, an denen die meisten Startups scheitern. Sie erlauben ein großes Maß an Kontrolle darüber, wie viel Zeit und wie viel Geld man in sein Unternehmen steckt. Es wird der Tag kommen an dem man sich entscheidet, dem eigenen Unternehmen die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn es soweit ist startet man mit einem Produkt, das mit und für die Kunden entwickelt wurde und hat 100% Kontrolle über das eigene Unternehmen. Einen besseren Start in die Gründungswelt kann man sich eigentlich nicht wünschen.

Unser Gastautor

Julius Pankoke ist Content Contributor und Startup-Enthusiast. Seine Spezialgebiete sind Entrepreneurship, Business Development und Digitales Marketing. Er schreibt und liest gern gute Blogartikel. Bei SmartBusinessPlan hilft er Gründern exzellente Businesspläne zu schreiben.

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