Gutachten zum Unternehmertum im internationalen Vergleich

Kürzlich  wurde die vom Gemeinschaftsausschuss der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft in Auftrag gegebene Studie “Unternehmertum – Schlüssel zum Wohlstand von morgen” vorgestellt.

Diese Studie zum Unternehmertum untersucht kulturelle, soziale und individuelle Gründungseigenschaften in Deutschland im Vergleich zu Israel und Großbritannien. Diese Vergleichsländer wurden gewählt, da Israel trotz hoher Bürokratie und der gegebenen politischen Rahmenbedingungen eine florierende Gründerszene aufweist und Großbritannien seine Gründungsmisere in den letzten Jahren durch Verbesserung der Rahmenbedingungen für Gründer überwinden konnte.

gutachten-unternehmertumDie Studie weist u. a. folgende Kernergebnisse aus:
  • Rechnet man die Unternehmensgründungen auf die Erwerbsbevölkerung um, um einen international vergleichbaren Wert zu erhalten, so ergibt sich für Deutschland eine Gründungsintensität von 4,4, Großbritannien von 8,3 und Israel von 11,6 Unternehmensgründungen pro 1.000 Erwerbspersonen.
  • Jede Unternehmensgründung geht mit einem zusätzlichen Bruttoinlandsprodukt von 940.000 € einher, während es in Großbritannien mit 1,96 Millionen € mehr als doppelt so viel sind. Dies ist darauf zurückzuführen, dass deutsche Gründungen gegenwärtig qualitativ schwächer als britische sind, da sie weniger innovativ sind und in weniger produktiven Branchen gegründet werden.
  • Unzureichende Finanzierungsbedingungen durch Risikokapital stellen in Deutschland ein großes Hindernis für Gründungsinteressierte dar.
  • Gründungsaffin sind in Deutschland vor allem junge, männliche Facharbeiter
Zu den Ursachen der niedrigen Gründungsintensität in Deutschland zählen laut Studie u. a.
  • hohe Bürokratiehürden (Deutschland liegt z. B. bei der Bewertung der Bürokratie und Gründungsbarrieren zwar jeweils genau im Durchschnitt aller OECD-Länder, aber deutlich hinter Großbritannien)
  • deutlich mehr Restriktionen für Firmen in Deutschland als in Großbritannien (dies liegt vor allem an den Hürden für junge Unternehmen und dem regulatorischen Schutz für etablierte Firmen, besonders für Netzsparten und durch das Kartellrecht. Insbesondere die unterschiedliche Behandlung von ausländischen Zulieferern und Hürden für Handelserleichterungen werden kritisch bewertet)
  • eine wenig gründerfreundliche Rechtslage in Deutschland, da viele Rechtsnormen nicht auf spezielle Anforderungen für Gründer wie beispielsweise Investoren und deren Schutz ausgerichtet sind (Die Weltbank  stuft Deutschland im Hinblick auf den Minderheitsinvestorenschutz in Rang 49 ein. Israel und Großbritannien hingegen schaffen es in die weltweiten Top10). Dadurch werden das Investitionsklima und damit die Finanzierungsbedingungen in Deutschland für Gründer negativ beeinflusst.
  • viele Förderprogramme sind mit hohem bürokratischem Aufwand in der Beantragung auf Auszahlung der Mittel verbunden (Beispielsweise dürfen die Mittel aus den einzelnen Programmen nur sehr spezifisch verwendet werden. Mit Mitteln aus dem EXIST-Stipendium dürfen keine Rechtsanwalts- oder Notarkostengebühren im Gründungsprozess gezahlt werden, die Auszahlung von Sachmitteln ist sehr langwierig und genehmigungsbehaftet und die steuerliche Behandlung des EXIST-Stipendiums ist nicht bundeseinheitlich geregelt. Die Vielzahl der vorhandenen Angebote erschweren es herauszufinden, ob und welche Förderprogramme in Anspruch genommen werden können). In Großbritannien gibt es direkte finanzielle staatliche Förderprogramme für Hightech- wie auch Lowtech-Gründungen. Diese können auf unbürokratischem Wege in Anspruch genommen werden.

 

Die Studie identifiziert u. a. folgende Handlungsempfehlungen für Deutschland:
  • Rahmenbedingungen verbessern: Entrepreneuership und IT in Schulen verankern; Finanzierungsbedingungen verbessern; Bürokratieabbau durch “one in, two out”-Ansatz; Mobilfunkinfrastruktur flächendeckend ausbauen.
  • Überregionale Gründernetzwerke bilden und unterstützen: Gründerökosystem (Zusammenwirken der gründungsrelevanten Akteure) durch virtuelle und reale Netzwerke stärken. Zudem durch digitale Plattformen die große räumliche Distanz in Deutschland verringern.

 

2016-10-17

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