Identifizieren im Netz? Auch für Unternehmen

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Durch eine neue Regelung würden ganz neue elektronische Anwendungen ermöglicht – die bislang ausschließlich an die Papierform gebunden sind. Foto: Ralph Schipke

Der Personalausweis hat sie schon lange; Bürger, Unternehmen und Behörden sollen sie nun auch bekommen: eine sichere elektronische Identifizierungsmöglichkeit. Die europäische Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste, kurz: eIDAS-Verordnung, macht es möglich.

Mit einem elektronischen Siegel bleiben Unternehmen und Behörden als Absender eines Dokumentes dauerhaft erkennbar. Gleichzeitig sind die Daten vor unbemerkten Veränderungen geschützt. Damit das Siegel im vollen Maß genutzt werden kann, ist der deutsche Gesetzgeber gefragt, die Anwendungsmöglichkeiten hierzulande zu erweitern.

Der digitale Binnenmarkt rückt einen Schritt näher

Die Verordnung verpflichtet andere Mitgliedstaaten die jeweiligen nationalen Identifizierungssysteme anzuerkennen und macht somit eine EU-weit sichere elektronische Kommunikation möglich. Außerdem schafft sie mit dem Siegel ein neues Produkt für den deutschen Markt. Behördliche Urkunden und Bescheide oder Schreiben von Unternehmen lassen sich nun in elektronischer Form einem Echtheits-Check unterziehen – und das grenzüberschreitend. Das ist vergleichbar mit Dokumenten auf Papier, deren Echtheit sich zum Beispiel aus dem Briefkopf oder Firmenstempel der zuständigen Behörde ableiten lassen.
Internetnutzer können an diesem Logo erkennen, dass ein Online-Dienst vertrauenswürdig ist.37-elektronisches-siegel-1

Einsatzszenarien zuhauf…

Durch eine neue Regelung würden ganz neue elektronische Anwendungen ermöglicht – die bislang ausschließlich an die Papierform gebunden sind. Viele Sozialversicherungen und andere Behörden verlangen von Unternehmen, dass deren eingehende Post aufwändig elektronisch erfasst wird. Ein digitaler Eingangsstempel für Faxe, E-Mails oder andere Post ließe sich über elektronische Siegel abbilden. Vor allem ein- und ausgehende E-Mails würden so vertrauenswürdiger. Weitere Anwendungsbereiche ergeben sich bei elektronischen Rechnungen, die für den Vorsteuerabzug geltend gemacht werden sollen, oder bei Zeugnissen oder Sachkundenachweisen der Industrie- und Handelskammern, die so vor Betrug geschützt sind. Banken und ihre Kunden könnten viel Geld sparen, wenn Kontoauszüge oder Steuerbescheinigungen über Kapitalerträge maschinell elektronisch signiert herausgegeben werden – auch diese erkennen die Finanzbehörden derzeit nur in Papierform an.

Anwenderfreundlich gestalten

Auch wenn bereits viel getan wurde, reichen die bereits geschaffenen gesetzlichen, organisatorischen und technischen Voraussetzungen allein nicht aus. Damit sich die elektronischen Siegel erfolgreich im deutschen Behörden- und Geschäftsalltag etablieren, muss sich für die Nutzer ein konkreter Mehrwert ergeben. Einsparungen und Workflow-Verbesserungen müssen die Anschaffungs- und Implementierungskosten überwiegen. Die Anbieter müssen die Handhabung und den Preis der Siegel attraktiv gestalten. Vor allem müsste die technische Einbindung zum Beispiel in die E-Mail-Systeme beim Absender und beim Empfänger automatisiert ablaufen.

Verwendung rechtlich ermöglichen

Nicht alles, was heute an Einsatzmöglichkeiten denkbar wäre, ist auch schon rechtlich zulässig. Der deutsche Gesetzgeber ist gefragt, in Einzelgesetzen konkrete Anwendungsszenarien für die elektronischen Siegel zu ermöglichen. So sollten Behörden mit den E-Government-Gesetzen von Bund und Ländern verpflichtet werden, auch elektronisch gesiegelte Dokumente entgegenzunehmen. Nur dann können die erheblichen Potenziale des elektronischen Siegels vollständig genutzt werden.

 

19. September 2016

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