Orientierungspraktikum, Klage, Urteil

Haftung bei Verlust von Wertgegenständen eines Arbeitnehmers

Das Landesarbeitsgerichts Hamm hatte zu beurteilen, ob der Arbeitgeber für den Verlust von Wertgegenständen eines Arbeitnehmers durch Diebstahl haftet, wenn ein Arbeitnehmer diese mit in den Betrieb bringt und dort ohne Kenntnis und Einverständnis des Arbeitgebers lagert.

Im entschiedenen Fall hatte ein Mitarbeiter eines Krankenhauses behauptet, Schmuck und Uhren im Wert von rund 20.000,00 Euro in den Rollcontainer des Schreibtisches seines Büros eingelegt und diesen verschlossen zu haben. Diese Wertsachen habe er noch am selben Abend zur Bank bringen und dort in sein Schließfach einlegen wollen. Aufgrund erheblicher Arbeitsbelastung habe er diese Absicht jedoch aus den Augen verloren. Einige Tage später habe er festgestellt, dass die üblicherweise verschlossene Tür zu seinem Büro aufgeschlossen, der Rollcontainer aufgebrochen und die Wertsachen entwendet worden sein.
Das Öffnen der Bürotür wäre nur mittels eines Generalschlüssels möglich gewesen. Diesen habe eine Mitarbeiterin leichtfertigerweise in ihrer Kitteltasche aufbewahrt, woraus selbiger nach Aufbrechen ihres Spindes entwendet worden sei.
Die Arbeitgeberin habe es unterlassen, durch klare Anweisungen oder Vorkehrungen für eine sichere Aufbewahrung des Generalschlüssels zu sorgen und dadurch den Diebstahl der Wertsachen erst möglich gemacht. Deshalb habe die Arbeitgeberin nunmehr Schadensersatz zu leisten.

Urteil6Das Arbeitsgericht Herne hatte die Klage mit Urteil vom 19.08.2015 (5 Ca 965/15) abgewiesen. Das LAG Hamm hat im Berufungstermin betont, dass sich Schutzpflichten des Arbeitgebers bezüglich vom Arbeitnehmer in den Betrieb mitgebrachter Sachen regelmäßig nur dann begründen lassen, wenn es sich um Sachen handelt, die ein Arbeitnehmer zwingend, mindestens aber regelmäßig mit sich führe oder aber unmittelbar oder mittelbar für die Arbeitsleistung benötige.
Nur bezüglich solcher Sachen oder Gegenstände habe der Arbeitgeber ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um den Arbeitnehmer vor Verlust oder Beschädigung der eingebrachten Sachen zu schützen.
Hinsichtlich anderer, ohne jeden Bezug zum Arbeitsverhältnis und insbesondere ohne Kenntnis und Einverständnis des Arbeitgebers mitgebrachter (Wert-)Gegenstände ließen sich Obhuts- und Verwahrungspflichten hingegen nicht begründen, schon um den Arbeitgeber nicht ebenso unerwarteten wie unkalkulierbaren Haftungsrisiken auszusetzen.

Der Kläger nahm nach entsprechenden Ausführungen im Termin seine Berufung im Termin zurück, so dass der Rechtstreit ohne Urteil endete.

Das LAG Hamm hat mit der Unterscheidung zwischen für die Arbeitsleistung benötigten und sonstigen vom Arbeitnehmern in den Betrieb mitgebrachten (Wert-)Gegenständen eine praktikable Trennung vollzogen.
Für benötigte Gegenstände, von deren Vorhandensein der Arbeitgeber ausgehen muss, besteht eine Haftung des Arbeitgebers. Geeignete und erforderliche Schutzvorkehrungen hat der Arbeitgeber nach eigenem Ermessen einzuführen.
Für andere, also nicht für die Arbeitsleitung benötigte Gegenstände, besteht eine Haftung grundsätzlich nur, wenn der Arbeitgeber von ihnen Kenntnis hat, und die Lagerung im Betrieb zumindest duldet.

LAG Hamm Entscheidung vom 21.01.2016 (18 Sa 1409/15)

3.4.2016

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