Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen für Werkleistungen: Steuerliches Anwendungsschreiben veröffentlicht

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein steuerliches Anwendungsschreiben zur Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen für Werkleistungen veröffentlicht. Hintergrund des BMFSchreibens ist ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Mai 2014 (Az. VIII R 25/11).

Der BFH hatte entschieden, dass eine Gewinnrealisierung bei Planungsleistungen eines Ingenieurs nach § 8 Abs. 2 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI, Fassung
1995) nicht erst mit der Abnahme oder der Stellung der Honorarschlussrechnung eintritt, sondern bereits dann, wenn der Anspruch auf eine Abschlagszahlung entstanden ist.
Dies folge aus dem Realisationsprinzip und entspreche den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Es kommt dabei nicht darauf an, ob eine Teilabnahme stattgefunden hat.
Für die Praxis bedeutet dies, dass auch die steuerliche Gewinnrealisierung zeitlich nach vorne verlagert wird. In Folge des Urteils war unklar, ob die Rech tsprechung des BFH auch bei Abschlagszahlungen nach § 15 Abs. 2 HOAI (Neufassung der HOAI) und bei Abschlagszahlungen für Werkverträge nach § 632a BGB vorzunehmen ist.

Dazu stellt das BMF nunmehr fest:
– Die vom BFH vorgenommene Beurteilung, dass die Gewinnrealisierung bei Planungsleistungen eines Ingenieurs nicht erst mit der Abnahme oder Stellung der Honorarschlussrechnung eintritt, sondern bereits dann, wenn der Anspruch auf Abschlagszahlung nach § 8 Abs. 2 HOAI entstanden ist, ist auch bei Abschlagszahlungen nach § 632a BGB und bei Abschlagszahlungen nach § 15 Abs. 2 HOAI n. F. anzuwenden. Bei diesen Abschlagszahlungen handelt

– es sich um die Abrechnung von bereits verdienten Ansprüchen, denn der Schuldner des Werkvertrags hat seine Leistung bereits erbracht; andernfalls bestände die Berechtigung
zur Forderung dieser Abschlagszahlung nicht. Die Abschlagszahlungen sind von Forderungen auf einen Vorschuss abzugrenzen, bei denen auch weiterhin keine Gewinnrealisierung eintritt.

– Es wird nicht beanstandet, wenn die Grundsätze der BFH-Entscheidung vom 14. Mai 2014 erstmalig im Wirtschaftsjahr angewendet werden, das nach dem 23. Dezember 2014 beginnt.
Zur Vermeidung von Härten kann der Steuerpflichtige den aus der erstmaligen Anwendung der Grundsätze der BFH-Entscheidung resultierenden Gewinn gleichmäßig entweder auf das
Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und das folgende Wirtschaftsjahr oder auf das Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und die beiden folgenden Wirtschaftsjahre verteilen.
(BMF-Schreiben vom 29.06.2015, Az.: IV C 6 – S 2130/15/16001)

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