Würde ich noch mal neu starten, dann…"würde ich auf keinen Fall noch einmal eine Zertifizierungsstelle gründen, das war zu stressig! Aber ich würde im QM- und AZAV-Bereich gerne als Auditorin in die Firmen gehen. " Foto: Kati Jaeger

„Wenn ich das tue, was ich gerne tue, dann brauche ich nicht mehr zu arbeiten – und da bin ich fast.“

Mecklenburg-Vorpommern hat seine erste bundeslandansässige eigene Zertifizierungsstelle. Kati Jaeger hat die Agentur PiBuG cert in Rostock gegründet. Für wen ihre Dienstleistungen interessant sind und welche Hürden die Gründerin noch vor sich sieht, erzählt sie in diesem Interview.

Frau Jaeger, herzlichen Glückwunsch nachträglich zur Agentur-Eröffnung! Wie war der Start? 

Würde ich noch mal neu starten, dann…"würde ich auf keinen Fall noch einmal eine Zertifizierungsstelle gründen, das war zu stressig! Aber ich würde im QM- und AZAV-Bereich gerne als Auditorin in die Firmen gehen. " Foto: Kati Jaeger

Würde ich noch mal neu starten, dann…”würde ich auf keinen Fall noch einmal eine Zertifizierungsstelle gründen, das war zu stressig! Aber ich würde im QM- und AZAV-Bereich gerne als Auditorin in die Firmen gehen. “
Foto: Kati Jaeger



Ja, es war alles sehr aufregend und ging dann plötzlich ganz schnell. Nachdem ich selbst im Bereich Qualitätsmanagement viel gelernt und meine vielen Erfahrungen im Erwachsenenbildungsbereich sortiert und aufgefrischt hatte, dauerte es noch insgesamt zwei Jahre, bis die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) im September 2014 nach der erfolgreichen Akkreditierung grünes Licht gab. Für mich war dieser Akkreditierungsprozess bisher mit Abstand die größte Herausforderung meines beruflichen Lebens. Aber ich habe es geschafft! Und gottseidank hatte ich die richtigen Partner im Boot. Bei denen konnte ich mich dann im Oktober bei der Eröffnungsveranstaltung meiner Agentur auch ausführlich bedanken.
Und dann ging es auch schon los. Aufgrund dessen, dass der Firmenname mit „A“ beginnt, wurden wir an erster Stelle der sogenannten Fachkundigen Stellen für AZAV-Zertifizierungen in Deutschland gelistet, von denen es derzeit 36 gibt. Da alle bundesweit arbeiten, erreichen uns auch Telefonate aus ganz Deutschland. Die erste Anfrage kam aus Schwerin vier Tage nach der Veröffentlichung. Diese Firma hatte ca. zwei Monate später ihr Zertifikat in der Tasche. Für mich selbst ist jede Zertifizierung eine Herausforderung, die Spaß macht, gemeistert zu werden.

Sie haben Ihre Agentur PiBuG cert genannt. Was steckt hinter dem Namen?

Der Begriff PiBuG stammt noch aus der Anfangszeit meiner Selbstständigkeit vor ca. drei Jahren und steht für „Projekte in Bildung und Gesellschaft“. Dieses Einzelunternehmen existiert noch immer und hier gibt es für meine Kunden ein breit gefächertes Angebot, was Soziales, Bildung und Sprachen betrifft. Nun muss ich jedoch befürchten, dass ich mich hier aus zeitlichen Gründen „ein wenig“ zurücknehmen muss.
Das Wörtchen „cert“ soll ein bisschen international sein. Wer weiß, was noch alles auf mich zukommt … und eigentlich könnte ich schreiben „zerrt“, denn die Arbeit zerrt mich jeden Tag aus dem Bett ins Büro, oder „zehrt“, denn die Arbeit zehrt an Nerven. Aber cert steht natürlich für Zertifizierung.
Und dann hatte ich überlegt, wie ich es schaffen kann, dass ich immer ganz oben stehe, wenn es um Listen, Ansprechpartner etc. geht. Ich habe in meiner Kindheit mal einen Film gesehen, in dem ein Detektiv ganz vorn im Telefonbuch stehen wollte und sich dann AAA-Detektei nannte, das hatte ich mir irgendwie gemerkt. Also musste ein Buchstabe A her und so habe ich die „Agentur“ vorangestellt. Und es hat geholfen!

Was genau bieten Sie als Zertifizierungsstelle an?

Wir bieten Zertifizierungen in zwei Bereichen an.
1. Qualitätsmanagement entsprechend der DIN EN ISO 9001.
Diese Norm ist international und schafft großes Vertrauen in die Firmen, die ein entsprechendes zertifiziertes Qualitätsmanagement anwenden. So wissen deren Geschäftspartner, dass alles geregelt ist von der Kundenanfrage bis zur Auslieferung des Produktes bzw. Ausführung der Dienstleistung, Kundenanforderungen im Mittelpunkt stehen, deren Zufriedenheit bewertet wird usw. Oftmals machen Firmen ihre Aufträge von solch einer Zertifizierung abhängig.
Im Moment arbeiten wir uns auf die Revision 9001:2015 ein, die dann ab September gelten wird.

2. AZAV (Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung)
Diese sogenannte AZAV Zulassung gibt es für Träger und Arbeitsförderungsmaßnahmen und ist für alle Firmen notwendig, die mit Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheinen und /oder Bildungsgutscheinen der Bundesagentur für Arbeit ihr Geld verdienen wollen. Das sind in erster Linie Bildungsträger und Private Arbeitsvermittler. Für dieses Zertifikat müssen die Firmen neben einem funktionierenden Qualitätsmanagementsystem zum Beispiel auch ihre fachliche und finanzielle Zuverlässigkeit nachweisen oder detailliert darlegen, wie sie es schaffen wollen, Arbeitslose auf ihrem Weg in Arbeit zu unterstützen.

Wie werden Unternehmen auf speziell Ihr Angebot aufmerksam?

Ich bin gerade sehr aktiv beim Netzwerken. Ich bin Mitglied im ansässigen Unternehmerverband und im Verein „Frauen in die Wirtschaft e. V.“, besuche ständig Stammtische und Businessveranstaltungen. Mittlerweile passiert es schon gelegentlich, dass die Leute meinen mich schon zu kennen, bevor sie meine Visitenkarte in die Hand bekommen. Das ist dann natürlich toll und freut mich immer sehr.
Vieles passiert auch über Mund-zu-Mund-Propaganda. Und am schönsten ist es, wenn ich höre, dass eine Firma sich für unsere Dienstleistung entscheidet, weil die Agentur ein Unternehmen aus M-V ist. So steche ich manchmal die Großen wie TÜV oder DEKRA aus (hihi).

Wie ist überhaupt die Idee entstanden, eine Zertifizierungsstelle zu gründen? KatiJaegerLogo

Früher habe ich bei privaten Bildungsträgern gearbeitet und hatte mit den Zertifizierungen von Kundenseite aus zu tun. Dann habe ich mich immer gewundert, was die Auditoren für eine Autorität besaßen. Das hat mich beeindruckt. Jeder in der zu zertifizierenden Niederlassung war immer ganz aufgeregt und wurde vorher gebrieft und dann atmeten alle sehr erleichtert auf, wenn das Audit vorbei war und später die Zertifizierung aufrechterhalten wurde. Und dann hab ich auch mal solch eine Rechnung gesehen. Boah! Dann hab ich mir irgendwann gesagt: „Das kann ich auch.“ und habe beschlossen, die Seiten zu wechseln.
Allerdings: Aus heutiger Sicht bin ich sehr blauäugig herangegangen. Nie im Leben würde ich noch einmal von vorn anfangen, jetzt, wo ich weiß, wie kompliziert und umfassend der gesamte Akkreditierungsprozess war. Und was die hohen Rechnungen betrifft, die mich immer beeindruckt hatten … Naja, heute weiß ich, wieviel Arbeit auch von Seiten der Zertifizierungsstelle drinsteckt.

Wie erfolgreich sind Sie bereits?

In den letzten drei Quartalen haben wir knapp 20 Zertifikate erteilt. Das war schon eine Menge Arbeit. Und darauf blicke ich mit Stolz zurück. Wir haben einen Stamm mit sehr guten Auditoren aufbauen können und sind auch für die Kunden und Ämter zuverlässiger Ansprechpartner, wenn es um Informationen geht.

Haben Sie sich für den Schritt in die Selbstständigkeit Hilfe geholt?

Klar. Und ich kann jedem nur raten, das auch zu tun. Meinen Coach, Frau Dr. Christiane Bannuscher, hatte ich eher zufällig bei einem Geschäftstermin kennengelernt. Sie hat mir viel geholfen, auch was die Organisation meiner Selbstständigkeit und das Beantragen von Fördermitteln betraf. Ich habe den Existenzgründungszuschuss von der Agentur für Arbeit und Unterstützung von der IHK sowie von der KfW bekommen.

Brauchten Sie Geld für Ihre Gründung? Haben Sie Fördermittel beantragt?

Für die Gründung selbst war nicht so viel Geld notwendig. Dann schon eher für die Einrichtung eines Büros und noch viiiiieeeel mehr für die Akkreditierung. Nachdem ich von einer anderen Bank kurzfristig hängengelassen wurde, habe ich bei der Rostocker Volks- und Raiffeisenbank eG einen Kredit aufnehmen können. Hier konnte ich mit meinem Konzept überzeugen und habe mit Herrn Schadwinkel einen sehr verständnisvollen Ansprechpartner, auf den ich mich immer verlassen kann.
Andere Fördermöglichkeiten hatte ich vorher auch recherchiert, aber das jetzige KfW-Darlehen ist mit seinen Konditionen nicht zu toppen.

Wann schreiben Sie laut Businessplan schwarze Zahlen?

Das wird wohl noch ein bisschen dauern. Wenn man auf die Rechnung für die Akkreditierung sieht, kann einem schwindlig werden, aber das wusste ich vorher. Ich hatte ja eine sehr gute Bank gefunden, mit der die Zusammenarbeit absolut gut funktioniert. Auch mein Buchhalter Christian Giehsing, mit dem ich zusammen im Existenzgründungskurs saß, ist eng an meiner Seite. So läuft es ganz gut und alle laufenden Kosten können beglichen werden.

Wo sehen Sie in der nächsten Zeit ihre größten Herausforderungen?

Im Moment sitzen wir an der Revision der Qualitätsmanagementnorm. Die neue Norm, die voraussichtlich im September veröffentlicht wird, hat einige Veränderungen, die nun in den Zertifizierungsprozess einfließen müssen und die DAkkS muss diesen neuen Prozess noch bestätigen. Dann müssen noch die Auditoren geschult werden und es wird QM-Workshops für Kunden und andere Interessierte geben, die sich mit der neuen Norm befassen wollen oder gar müssen.
Außerdem kann ich schon noch einige Aufträge vertragen. Also freue ich mich über jeden neuen Kunden.
Da jeder, der sich bei uns zertifizieren lässt, in den Folgejahren überwacht werden muss wird auch künftig keine Langeweile aufkommen.
Stets arbeiten wir daran, dass unsere Kunden hoch zufrieden mit uns sind. Die Auswertung der ersten Kundenzufriedenheitsfragebögen war recht positiv. Da bleiben wir auf jeden Fall dran.

Gibt es etwas, das noch fehlt? Ein Mitarbeiter, Geld oder eine Maschine?

Eine Mitarbeiterin gibt es schon. Sie ist zurzeit in Elternzeit, steht aber für einige Stunden pro Woche zur Verfügung. Die Auditoren arbeiten in der Regel auf Honorar, also personaltechnisch ist alles in Ordnung!
Das Büro erhält demnächst noch einen zusätzlichen Raum, ein Babyreisebett für die Tochter meiner Mitarbeiterin hatte ich noch von meinem Sohn und steht schon bereit.
Ich hätte gern eine Maschine, die Geld druckt. Aber das geht wohl nicht…  Nein, das Büro ist technisch sehr gut ausgestattet. Demnächst werde ich wohl mal wieder ein neues oder ein anderes Auto benötigen. Mein Berlingo hat über 230.000 km auf dem Tacho.

Nutzen Sie Social Media Kanäle um sich und Ihr Unternehmen bekannt zu machen?

Im Moment nutze ich nur meinen Facebook Account, wo ich sowohl die PiBuG als auch die Agentur PiBuG cert unterhalte. Aber ich poste noch zu wenig. Das gehört auch zu den kommenden Herausforderungen.
Geplant habe ich noch einige Kurzvideos auf youtube, in denen ich Informationen zur neuen Qualitätsnorm gebe. Aber da habe ich erst nur die Idee dazu. Dass muss in den nächsten Wochen reifen.

Ergänzen Sie bitte die folgenden Stichpunkte zu einem Satz:

Selbstständig sein bedeutet für mich,… die Freiheit zu haben zu entscheiden, was ich tue und wann ich es tue. Ich sage immer „Wenn ich das tue, was ich gerne tue, dann brauche ich nicht mehr zu arbeiten“ – und da bin ich fast.

Würde ich noch mal neu starten, dann…würde ich auf keinen Fall noch einmal eine Zertifizierungsstelle gründen, das war zu stressig! Aber ich würde im QM- und AZAV-Bereich gerne als Auditorin in die Firmen gehen. Das ist nämlich sehr spannend.

Angehenden Gründerinnen und Gründern rate ich… netzwerken, netzwerken, netzwerken!

Die Fragen stellte Grit Gehlen

Ihre Kontaktdaten:
Agentur PiBuG
Geschäftsführerin Kati Jaeger

Hauptsitz
Kornblumenweg 10
18055 Rostock

Telefon: 038 208 – 82 87 70

Mail: agentur@pibugcert.de
Internetadresse

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