"Während der Ausgründung aus der Universität standen uns dann diverse Berater zur Seite. Gelernt habe ich aber am meisten in Gesprächen mit anderen Unternehmern und Gründern, die insbesondere bei emotionalen Fragen geholfen haben." Foto: Henry Dramsch von graf-fisch

Schon als Schulkind ein erfolgreicher Kleinunternehmer

Auf dem Schulhof testete Thomas Maier schon als Kind seine unternehmerischen Fähigkeiten.  Er verkaufte erfolgreich Sammelbilder. Und auch im Studium sammelte der heute 32-Jährige erste unternehmerischer Erfahrungen.Vor drei Jahren gründete er dann das Unternehmen webgilde in Greifswald. Kunden, die seine Software kaufen, gibt es weltweit. Welche Ziele und Herausforderungen der Jungunternehmer noch vor sich sieht, welche Hürden er schon nehmen musste und was er anderen Gründern rät, steht in diesem Interview.

Herr Maier, Sie sind schon 5 Jahre selbstständig. Können Sie sich noch an die ersten Tage und Wochen als Unternehmer erinnern? 

"Während der Ausgründung aus der Universität standen uns dann diverse Berater zur Seite. Gelernt habe ich aber am meisten in Gesprächen mit anderen Unternehmern und Gründern, die insbesondere bei emotionalen Fragen geholfen haben." Foto: Henry Dramsch von graf-fisch

Thomas Maier: “Während der Ausgründung aus der Universität standen uns dann diverse Berater zur Seite. Gelernt habe ich aber am meisten in Gesprächen mit anderen Unternehmern und Gründern, die insbesondere bei emotionalen Fragen geholfen haben.”
Foto: Henry Dramsch von graf-fisch

Sie haben Recht. Über fünf Jahre bin ich schon unternehmerisch unterwegs und das fühlt sich schon jetzt wie eine kleine Ewigkeit an. Denkt man sonst gar nicht so drüber nach…
Ich bin sehr entspannt in die Selbstständigkeit geglitten. Schon als Student habe ich die eine oder andere Auftragsarbeit gemacht, wenn auch in einem ganz anderen Gebiet. Aber das hat mir später die Einarbeitung in Themen wie Gewerbeanmeldung oder Steuererklärung erspart.
2009 habe ich mein Studium abgeschlossen und bin durch private Kontakte auf das Gründerstipendium exist aufmerksam geworden. Zwei Kollegen und ich haben das Stipendium dann beantragt und sind für ein Jahr sehr auskömmlich finanziert worden, um uns mit einer Idee aus der Uni heraus zu gründen.
Das allein ist eine lange Geschichte, aber in der Zeit haben wir die Unternehmer in uns gesucht. Nicht jeder ist dabei fündig geworden. Aber mich hat es richtig angestachelt, auch wenn das Vorhaben – halb-automatische Übersetzungen anzubieten – schließlich gescheitert ist.
In dieser Zeit habe ich zunächst privat und dann im Projekt Webseiten programmiert. Bekannte aus der Branche fragten, ob ich ihnen mit meinem technischen Know-how helfen könnte. Das lief so über ein Jahr nebenbei und als ich dann den Entschluss fasste, mich ganz als Webprogrammierer selbstständig zu machen, dauerte es nur wenige Monate bis ich davon leben konnte.

Was genau bieten Sie in an?

Ich setze einfach mal die Story von oben fort, weil seither eher etwas dazugekommen als weggefallen ist.
Nachdem wir das Vorhaben aus der ersten Gründung aufgegeben hatten und ich nur noch als freier Programmierer tätig war kam nach ca. einem Jahr wieder die Lust auf etwas Eigenes. Ich habe schon 2009 eine Webseite zum Thema Wortspiele gestartet und die war in der Zwischenzeit ohne viel Zuarbeit gewachsen. Ich habe dann bewusst Arbeit hineingesteckt und die Seite um neue Angebote und Inhalte erweitert.
Anfang 2013 habe ich die Reste der ersten Firma komplett übernommen und sie in die webgilde GmbH umfirmiert, um ein ordentliches Dach über den Webseiten und zukünftigen Projekten zu haben. Ein paar Monate später kamen dann die ersten festen Mitarbeiter hinzu. Ab hier sollte ich daher wohl eher vom Wir sprechen.

Thomas Maier (links) arbeitet seit 2009 mit Tobias Linke zusammen, der 2009 als studentische Hilfskraft begann und  nach seinem Studium vor knapp 1,5 Jahren als Redaktionsleiter eingestellt wurde. Foto: Grit Gehlen

Thomas Maier (links) arbeitet seit 2009 mit Tobias Linke zusammen, der 2009 als studentische Hilfskraft begann und nach seinem Studium vor knapp 1,5 Jahren als Redaktionsleiter eingestellt wurde.
Foto: Grit Gehlen

Mit wort-suchen.de betreiben wir also eine Internet-Plattform rund um Wortspiele wie Scrabble und Kreuzworträtsel. Dabei finanzieren wir uns durch die Werbeeinnahmen und das ist genau der Aufhänger für das, was ich seit ca. einem Jahr ganz neu aus dem Boden stampfe.

Werbung auf Webseiten klingt erstmal ganz einfach, ist aber in den letzten Jahren immer schwerer geworden und so habe ich die meiste Zeit darauf verwendet die Werbeschaltung zu optimieren. Dadurch hat sich eine ganze Menge Know-how angesammelt, das einerseits in einer technischen Lösung zur Verwaltung und Optimierung von Anzeigen auf Webseiten (das WordPress-Plugin Advanced Ads) und ein Beratungsangebot eingegangen ist.
Während mein Team also größtenteils unsere Seiten betreibt, berate ich mittlerweile andere Webseitenbetreiber beim Thema Anzeigenschaltung und entwickle entsprechende technische Lösungen. Unser Erfolgsgeheimnis ist, dass wir sowohl die redaktionelle und die technische Erfahrung dafür mitbringen und alle Lösungen selbst einsetzen.

Laut einer aktuellen Vodafone-Studie sind kleine und mittlere Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern Schlusslicht, wenn es um eine eigene Website geht. Sie dürften sich vor Aufträgen zukünftig also kaum retten können?

In der Tat spielen bei mir die Webseiten die größte Rolle im Marketing. Meine Firmenseite http://webgilde.com ist mehr ein Blog als eine Firmenpräsentation. Besonders die englischen Inhalte pflege ich sehr regelmäßig. Die Seite, über die wir unser Plugin vertreiben, ist schon gar nicht mehr auf Deutsch, weil wir direkt den internationalen Markt angegangen sind.
Ich würde aber nicht jedem Unternehmen unsere Strategie empfehlen. Wer ein lokales Unternehmen hat, der braucht weder Übersetzung noch deutschlandweite Präsenz in Suchmaschinen. Es würde ja auch kein Ladengeschäft aus der Greifswalder Innenstadt auf die Idee kommen, englische Flyer in der Münchener Innenstadt zu verteilen. Bei Kunden bin ich aber manchmal auf diese Einstellung gestoßen, die leider nicht zuletzt auch von der einen oder anderen Agentur gefördert wird.

Wer nicht wie wir im oder über das Internet arbeitet, dem reicht meist eine schlicht gehaltene Selbstpräsentation mit einer Übersicht des Angebotes, einer Über-uns Seite und einem Impressum mit Öffnungszeiten und Anreisebeschreibung. Das alles sollte natürlich einfach bedienbar und ansprechend sein.

Gibt es viele Mitbewerber in der Region?

Die „Region“ ist bei uns ja mindestens Deutschland und mit einigen Projekten die ganze Welt. Schon als Selbstständiger habe ich die meisten Projekte überregional gemacht. Mein Spezialwissen wird  hier vor Ort selten gebraucht.
Meine Mitarbeiter haben freie Arbeitsplatzwahl. Ich selbst überlege auch schon, ob ich nicht mehr von unterwegs arbeiten sollte. Aus diesem Grund haben wir noch nicht einmal ein eigenes Büro, sondern haben uns im CoWork Greifswald eingemietet.

Wie werden Kunden auf speziell Ihr Angebot aufmerksam?

Die meisten Kunden für unsere Software und Beratung kommen über Suchmaschinen, weil sie bereits ein kostenfreies Produkt nutzen oder unseren Blog lesen. Online-Anzeigenschaltung hat sich bisher nicht direkt gelohnt. Wir testen derzeit zudem wie ein Newsletter-Angebot ankommt und probieren uns auch in Kooperationen mit Partnern.
Drucksachen, wie Flyer und Visitenkarten, sind bei uns kaum notwendig. Ich habe nach langer Zeit jetzt wieder einmal Visitenkarten machen lassen. Wenn wir zu Konferenzen fahren ist der Austausch von Kontaktinfos per Visitenkarten am einfachsten. Da sind aber nur E-Mail-Adresse und ein Foto drauf.
Als unsere beste Werbung würde ich die sehr sorgsam geschriebenen redaktionellen Inhalte unserer Seiten und Blogs ansehen und der Support unserer Plugins. Beides ist zwar kostspielig und zeigt erst langfristig Erfolg, aber genau das halten viele Wettbewerber nicht lange durch.

Wie ist überhaupt die Idee entstanden, sich selbstständig zu machen?

Wie schon erwähnt, bin ich da eher reingerutscht. Ich habe aber schon immer gerne selbstständig und in Projekten gearbeitet. Die Ausgründung inklusive Förderung direkt nach dem Studium hat dann natürlich jegliche Berührungs- und Existenzangst genommen. Das war ein absoluter Glücksfall.
Die wichtigste Motivation war, zu sehen, wie andere das machen. Ich bin viel auf überregionalen Gründer-Events und Konferenzen gefahren und habe mich mit den Leuten dort unterhalten. Dabei waren die Tipps und Geschichten von anderen Gründern genauso hilfreich wie die von erfahrenen Unternehmern.
Übrigens, schon als Schulkind war ich ein erfolgreicher Unternehmer. In der 6. Klasse habe ich nämlich auf dem Schulhof mit Fußballsammelbildern gehandelt. Ich wollte testen, ob sich das lohnt. Ich habe sogar eine kleine Buchführung betrieben, denn schließlich war mir mein Taschengeld zu wichtig für ein Minusgeschäft. Diese Erinnerung hat mir sicherlich durch die ein oder andere schwierige Situation der Anfangszeit geholfen.

Wie erfolgreich sind Sie bereits?

Es könnte natürlich alles schneller gehen und größer sein, aber ich kann meinen Lebensunterhalt bestreiten, mit tollen Leuten zusammenarbeiten und mir die meiste Zeit aussuchen, woran ich arbeite. Das ist mehr, als ich nach dem Studium erwarten konnte und damit ein absoluter Erfolg.
Jetzt arbeite ich daran, dass das Ganze auf mehreren Beinen steht und so mehr Planungssicherheit für alle gewinnt.

Schreiben Sie schon schwarze Zahlen?

Ja, die Zahlen sind schwarz, aber es bleibt auch nichts übrig, da ich alle Einnahmen der Firma reinvestiere und meinen Lebensunterhalt zum größten Teil noch als Programmierer verdiene. Natürlich soll mich die Firma irgendwann auch ganz tragen können, aber solange mir die Kundenaufträge Spaß machen, möchte ich sie nicht missen.
Bei dieser Frage noch eine Anmerkung zum Businessplan: Ein Grund, warum es mit unserem ersten Unternehmen nicht geklappt hat, war meiner Meinung nach die falsche Beratung rund um den Businessplan. Über mehrere Jahre habe ich gefühlt nichts anderes gemacht als Businesspläne zu schreiben. Der beste Tipp kam dann von einem Unternehmer der uns riet, wir sollten lieber mal eine Übersetzung praktisch verkaufen, bevor wir tausende theoretische Verkäufe in den Businessplan schreiben. Der Kampf um den ersten Kunden hat dann viel mehr Schwung gebracht als die unrealistischen Zahlen.
Seit dieser Zeit schreibe ich keine Businesspläne mehr, habe aber ein paar Tabellen mit den wichtigsten Kennzahlen, die ich mindestens einmal im Monat aktualisiere und analysiere. So habe ich stets die Entwicklung vor Augen und kann flexibel eingreifen.

Als Unternehmer wurden Sie sicher nicht geboren. Wie, wo und mit wem  haben Sie sich fit gemacht für die Selbstständigkeit?

Da war zum einen die Grundaffinität für selbstständiges Arbeiten und die Lust auf Neues. Während der Ausgründung aus der Universität standen uns dann diverse Berater zur Seite. Gelernt habe ich aber am meisten in Gesprächen mit anderen Unternehmern und Gründern, die insbesondere bei emotionalen Fragen geholfen haben.
Da möchte ich insbesondere das Mentoring-Programm hervorheben. Hier werden Unternehmer und Gründer in verschiedenen Veranstaltungsformen zusammengebracht und erzeugen gemeinsam viel Wissen und eine hohe Dynamik. Eine bessere Therapie, als den Besuch eines Seminars mit Gleichgesinnten, kann ich mir nicht vorstellen.

Fachliche Fragen muss ich mir bei unseren sehr speziellen Themen entweder selbst beantworten oder ich fand ähnliche Themen im Internet. Die Steuerberatung habe ich natürlich komplett ausgelagert.
Neben meiner Freude am Lernen hat mir anfangs meine positive Einstellung zum Thema Scheitern geholfen. Ich habe kein Problem damit, mir Versagen einzugestehen und auch mal ein Projekt einzustampfen. Entscheidungen sind für mich immer temporär, weil sich die Rahmenbedingungen ändern können. Gleichzeitig habe ich aber auch gelernt, dass manche Dinge, z.B. Kundenfindung und -bindung, Zeit brauchen.

Brauchten Sie Geld für Ihre Gründung? Haben Sie Fördermittel beantragt?

Unsere ersten (Lehr-)Jahre wurden Dank der Fördermittel von Bund und Land finanziert. Beim zweiten Anlauf gab es dann kaum noch Fördermöglichkeiten bzw. wären sie den Aufwand nicht gerecht gewesen.
Im letzten Jahr habe ich erstmals privates Geld ins Unternehmen gesteckt. Grundsätzlich können wir langsam und stetig aus eigener Kraft heraus wachsen.

Haben Sie schon den Durchbruch geschafft?

Der Durchbruch war erreicht, als ich mich als selbstständiger Programmierer selbst finanzieren konnte. Das mache ich ja immer noch. Alles, was an erfolgreichen Projekten dann hinzu kam und noch kommt nehme ich gerne mit. Dabei hat dann jedes Projekt seinen ganz eigenen Durchbruch.

Wo sehen Sie in der nächsten Zeit ihre größten Herausforderungen?

Ich habe immer den Drang mich selbst und meine Ideen weiter zu entwickeln und mich nicht auf dem auszuruhen, was ich schon habe oder kann. Der Tag ist voller Herausforderungen und jeder noch so kleine Schritt nach vorne ist ein Erfolg. Ich glaube, dass viele Gründer und Unternehmer genau diese kleinen Erfolge viel zu wenig zelebrieren und sich daher an große Projekte nicht herantrauen.

Gibt es etwas, das noch fehlt? Ein Mitarbeiter, Geld oder eine Maschine?

Wenn wir nicht unerwartet böse überrascht werden und gesund bleiben, dann darf es gerne weiter so bergauf gehen. Das eine oder andere lässt sich wahrscheinlich auch beschleunigen, aber ich habe auch gelernt, dass ein stetiges Wachstum besser ist als ein erzwungenes Wachstum, das beispielsweise durch einen Kredit und viele neue Mitarbeiter entsteht. Wenn man zu schnell wächst besteht die Gefahr, den Überblick zu verlieren und schlechtere Entscheidungen zu treffen.

Nutzen Sie Social Media Kanäle um sich und Ihr Unternehmen bekannt zu machen?

Das ist einer der Marketingkanäle die wir sicherlich mehr nutzen könnten, aber für unsere Zielgruppen – die Business-Kunden – haben wir da noch nicht die einschlagenden Strategien gefunden. Ich weiß von Kunden, dass Social Media funktioniert, aber auch, wie viel Zeit sie dafür investieren.
Wir haben dafür andere Kanäle die wir gut nutzen und bei denen andere eher schwach sind.

Ergänzen Sie bitte die folgenden Stichpunkte:

Selbstständig sein bedeutet für mich, …… Freiheit

Würde ich noch mal neu starten, dann… würde ich so früh wie möglich beginnen um mehr Zeit zum Lernen und für die vielen notwendigen Fehler zu haben.

Angehenden Gründerinnen und Gründern rate ich, … so früh wie möglich etwas zu verkaufen. Fast jede Geschäftsidee  lässt sich soweit herunterbrechen, dass man sie nebenbei und ohne große Investition am Markt testen kann.

Die Fragen stellte Grit Gehlen

Ihre Kontaktdaten:

webgilde GmbH
Thomas Maier
Dorfstr. 18d
17495 OT Ranzin (bei Greifswald)

Telefon: 0162 – 9313 708
E-Mail: thomas.maier@webgilde.com
Internet: http://webgilde.com und https://wpadvancedads.com

 

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