Kreativwirtschaft bekommt Rückenwind

Kreativwirtschaft bekommt Rückenwind

Kultur- und Kreativschaffende in Mecklenburg-Vorpommern ergreifen die Initiative, ihre Branche zu stärken und als innovativen Wirtschaftsfaktor sichtbarer zu machen – und bekommen dabei Unterstützung aus Politik und Wirtschaftskreisen.

KreativeMV: Corinna Hesse, Teresa Trabert, Veronika Schubring und Angela Olejko (v. l. n. r.) gehören zu den Initiatoren der Kreative MV – Arbeitsgemeinschaft Kreativwirtschaft Mecklenburg-Vorpommern.
Foto: Manuela Heberer

„Neue Kooperationen, mehr Umsatz, gesteigerte mediale Aufmerksamkeit, ein größeres Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen – das sind nur einige Effekte für die Teilnehmer des Kreativmacher-Wettbewerbs nach einem halben Jahr.“
So lautet die positive Zwischenbilanz des Projektbeirates, der den Wettbewerb „Kreativmacher Mecklenburg-Vorpommern“ seit dessen Start Anfang 2014 begleitet. Mitte November trafen sich die Beiratsmitglieder in Schwerin, um über die Projektumsetzung zu beraten. Einstimmig wurde dabei der eingeschlagene Weg zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft im Land als positiv bewertet. Außerdem waren sich die einzelnen Akteure darüber einig, dass auch nach Projektende im kommenden Frühjahr das Engagement für die Kreativen im Land fortgesetzt werden sollte. Derzeit erarbeitet der Beirat eine Empfehlung für weitere Aktivitäten, die beim nächsten Treffen im Februar verabschiedet und anschließend Wirtschaftsminister Harry Glawe übergeben werden soll.
Ein Prozess, in den sich auch die „Kreative MV“ intensiv mit einbringt. „Wir freuen uns, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft durch den Beirat so engagierte Unterstützer im Land findet“, freut sich Corinna Hesse vom Silberfuchs-Verlag. Sie hat sich mit anderen Akteuren der Branche, wie Kreativsaison e. V., Formost e. V., projekt:raum, PopKW und alles-mv.de, unter dem Namen „Kreative MV“ zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, um die Kreativwirtschaft und deren Bedeutung in Mecklenburg-Vorpommern sichtbarer zu machen. „Anders als in anderen Bundesländern gibt es in MV bisher keine belastbaren Daten zur tatsächlichen Zahl der Kreativschaffenden“, bedauert Hesse. Diese wären aber enorm wichtig, um das große Potential der Branche als innovativer Wirtschaftsfaktor zu erfassen und deutlich zu machen. Nach Angaben des Wirtschaftsministers sind in MV 1.400 steuerpflichtige Unternehmen der Kreativbranche gemeldet, etwa 9.800 Beschäftigte zähle die Branche im Land. Da jedoch nur ein Teil überhaupt erfasst wird, etwa durch eine Kammerzugehörigkeit oder weil sie nicht unter die Kleinunternehmerregelung fallen, gehen die Experten eher von der doppelten Anzahl an Kreativunternehmen aus. „Es ist mittlerweile bekannt, dass die Bruttowertschöpfung der Kreativwirtschaft deutschlandweit vergleichbar ist mit großen Industriesektoren wie Automobil, Maschinenbau und Chemie“, so Corinna Hesse. Gerade in einem strukturschwachen Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern lägen deshalb große Chancen darin, eben diese Branche ernst zu nehmen.


Kreativmacher-Auszeichnung: Durch den Wettbewerb „Kreativmacher MV“ hat die Branche eine große mediale Aufmerksamkeit erhalten, wie hier bei der Auszeichnungsveranstaltung in Rostock.
Foto: Manuela Heberer

Im Schweriner Wirtschaftsministerium ist dieser Prozess mittlerweile in vollem Gange. Bereits im Oktober 2013 sprach Minister Harry Glawe bei der Impulskonferenz Kultur- und Kreativwirtschaft Mecklenburg-Vorpommern in seinem  Grußwort von einem bedeutenden Wirtschaftszweig, ohne dessen kreative Leistung  Kunst und Kultur, Tourismus, Architektur oder die Werbebranche nicht denkbar wären. „Wir nutzen täglich ihre Ideen, Produkte und Dienstleistungen, dennoch sind sie nicht auf Anhieb sofort sichtbar wie ein Hotel, eine Bäckerei oder ein Maschinenbauunternehmen”, so Glawe. „Die Branche benötigt mehr Öffentlichkeit, Anerkennungskultur und Unterstützung“, sagte der Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus weiter. Dafür solle sie ihre Positionen noch besser bekannt machen, selbstbewusst sein. „Fordern Sie auch die Politik“, schloss der Minister damals seine Rede.

Bereits zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Akteure der heutigen „Kreative MV“ zu einer gemeinsamen Initiative zusammengeschlossen und dem Minister einen offenen Brief überreicht, in dem sie sich als Gesprächspartner in Sachen Kultur- und Kreativwirtschaft empfahlen und als Lobby für die Branche in MV vorstellten. Inzwischen hat Minister Glawe das Thema zur Chefsache erklärt und u. a. den Wettbewerb „Kreativmacher Mecklenburg-Vorpommern“ ausgerufen. 42 Kreativunternehmer der Region hatten sich für die Teilnahme am einjährigen Coaching- und Workshop-Programm beworben. Zwölf von ihnen konnten mit ihren Ideen überzeugen, darunter „Nähmarie“ Maria Neumeister aus Rostock, Christian Karius von Red Rebane aus Schwerin und Möbeldesignerin Lilja Walker aus Wismar. Ein Fazit der Podiumsdiskussion während der Preisverleihung in Rostock war der Wunsch der Preisträger und anderer Akteure der Kreativbranche nach einer zentralen Anlaufstelle für branchenspezifische Anliegen in Mecklenburg-Vorpommern.

Ein Bedarf, den auch die „Kreative MV“ bestätigen kann. Im Spätsommer hatte die Initiative eine landesweite Umfrage der Kreativschaffenden durchgeführt, um  einen Überblick über die Branche im Land, einzelne Akteure, deren Bedarfe und Kompetenzen zu erhalten. „Für 87 Prozent der Befragten ist ein MV-weites Netzwerk der Kreativwirtschaft als Anlaufstelle für Lobbyarbeit äußerst relevant“, resümiert Veronika Schubring von der „Kreative MV“. „Und sogar 90 Prozent halten eine noch zu stärkende branchenübergreifende Vernetzung wichtig für ihre unternehmerischen Tätigkeiten.“ Vor allem das vom Kreativsaison e. V. etablierte Format „Kreativstammtisch MV“ mit Impulsvorträgen und Diskussionen von branchenrelevanten Themen bewerteten die meisten Befragten als interessantes Netzwerkinstrument.
Die Ergebnisse der Umfrage und entsprechende Handlungsangebote wird die Initiative noch im Dezember Wirtschaftsminister Harry Glawe in einem persönlichen Gespräch vorstellen. Erklärtes Ziel ist es, die Kreativwirtschaft im Land zu stärken und die eigenen Kompetenzen dafür anzubieten. Als erstes landesweites, branchenübergreifendes Netzwerk der Kreativen in MV ist die Arbeitsgemeinschaft mittlerweile auch Mitglied der „Kreative Deutschland“. „Durch den Austausch mit vielen anderen interessanten und teilweise sehr erfolgreichen Netzwerken der Kreativbranche erhalten wir sicher innovative Denkanstöße, die der Branche hierzulande nutzen können“, sind die Akteure der „Kreative MV“ überzeugt.

Manuela Heberer

 

Print Friendly, PDF & Email