Selbstständig als Tagesmutter mit langer Warteliste

Seit mehr als zwei Jahren verdient die Neubrandenburgerin Marina Lange-Kuhlmann ihr Geld als Tagesmutter. Auf diese Tätigkeit hat sie sich umfangreich und gut vorbereitet. Trotzdem gibt es jeden Tag neue Herausforderungen zu bewältigen. Welche und wie sie sie meistert, darüber erzählt Martina Lange-Kuhlmann in diesem Interview.

Foto: Anja Beuse Photo

Frau Lange-Kuhlmann, erinnern Sie sich noch an die ersten Tage Ihrer Selbstständigkeit als Tagesmutter? Lief damals alles wie geplant?

Ich habe am 1. August 2012 als Tagesmutter angefangen. Gestartet bin ich mit drei Kindern, von denen eins noch heute bei mir in der Betreuung ist.  Die ersten Wochen waren sehr anstrengend. Wir haben ja praktisch zu viert neu angefangen, drei  kleine Kinder und ich. Wir mussten uns aneinander gewöhnen und als Gruppe zusammenwachsen. Und obwohl ich selber Zwillinge großgezogen habe, war mir die viele Arbeit mit drei kleinen Kindern irgendwie so nicht vorher bewusst.

Hin und wieder gab es anfangs auch schlaflose Nächte. Egal, wie gut man sich vorbereitet, es ist und bleibt ein Sprung ins kalte Wasser, mal so eben ganz etwas anderes zu  tun. Und dann noch selbstständig…

Wie viele Kinder betreuen Sie derzeit? Wie sieht Ihr Alltag aus?

Derzeit betreue ich fünf Kinder. Die Älteste wird bald vier Jahre alt, der Kleinste ist 13 Monate.
Jeder Tag ist anders. Ich muss mich jeden Morgen neu auf die Kinder einstellen, schauen was ihnen gerade wichtig ist und versuche, jedes meiner Kinder in seiner individuellen Entwicklung zu unterstützen. Als Tagesmutter ist es nicht nur meine Aufgabe die Kinder zu betreuen, ich habe auch einen Bildungs- und Erziehungsauftrag.
Mein Arbeitstag beginnt in der Regel so gegen 6.30 Uhr. Ich bereite das Frühstück und das Mittagessen vor. Zwischen 7.30 Uhr und 8.00 Uhr trudeln nach und nach meine Tageskinder ein. Mit einem gemeinsamen Frühstück beginnen wir unseren Tag. Dann sind wir sehr viel im Freien unterwegs oder wir basteln, lesen Bücher, tuschen, singen Lieder usw.
Nach einem gesunden Mittagessen ist es Zeit für den Mittagsschlaf. Am Nachmittag, nach der Vesper, sind wir oft auf einem nahe gelegenen Spielplatz anzutreffen. Bei zu schlechtem Wetter spielen und beschäftigen wir uns hier in der Wohnung. So gegen 16.30 Uhr sind meist alle Kinder abgeholt.
Doch dann habe ich noch lange nicht Feierabend.  Aufräumen, Saubermachen, Vorbereitungen für den nächsten Tag müssen erledigt werden.
Nicht zu vergessen: So manches Wochenende verbringe ich mit dem Portfolio über die mir anvertrauten Kinder.
Ich habe wirklich gut zu tun, aber die Arbeit als Tagesmutter macht mir unheimlich viel Freude und das wiegt die viele Arbeit auf.

Wie ist überhaupt die Idee entstanden, sich als Tagesmutter selbstständig zu machen?

Oh, den Wunsch hegte ich schon sehr, sehr lange. Von Beruf bin ich Datenverarbeitungskauffrau und ich habe auch immer im kaufmännischen Bereich gearbeitet.
Aber irgendwann war ich unzufrieden und wollte mich beruflich unbedingt verändern. Die Freude am Umgang mit heranwachsenden Kindern ist für mich einer der wichtigsten Gründe als Tagesmutter zu arbeiten.

Es gibt ja nicht wenige Tagesmütter in Neubrandenburg. Wie erfolgreich sind Sie?

Meines Wissens nach sind wir etwas über 80 Tagesmütter in Neubrandenburg. Ich weiß nicht wie es bei den meisten meiner Kolleginnen und Kollegen mit der Auslastung aussieht.
Ich habe viele Anfragen und bereits eine Warteliste. Das macht mich schon stolz.

Als Tagesmutter wurden Sie nicht geboren. Wie, wo und mit wem haben Sie sich damals fit gemacht für die Selbstständigkeit? Welche Wissenslücken gab es vor dem Start in die Selbstständigkeit?

Für mich war das Thema private Kinderbetreuung absolutes Neuland. Als für mich feststand, dass ich als Tagesmutter durchstarten möchte, war mein erster Ansprechpartner das Jugendamt in Neubrandenburg.
Ich habe dann den Kurs zur Qualifizierung von Tagespflegepersonen an der Volkshochschule Demmin mit dem Erwerb des Zertifikates des Bundesverbandes für Kindertagespflege erfolgreich abgeschlossen.
Sehr wichtig war für mich auch der Existenzgründungskurs beim Allgemeinen Unternehmensverband Neubrandenburg. Themen wie Marketing, Recht oder Steuern standen auf dem Stundenplan. Ich habe Sachen gelernt, von denen ich vorher noch nie gehört hatte. Dieses Wissen hilft mir heute noch weiter.
Bei der Erstellung meines Businessplanes erinnere ich mich gern an eine ganz tolle Zusammenarbeit mit Ute Lehmbeck vom Büro für Existenzgründungen – kurz Bürex. Sie hat mir auch noch lange nach der Gründung immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden, wenn ich Fragen hatte.

Welche Rechtsform haben Sie für Ihr Unternehmen gewählt?

Meine Rechtsform ist vorgeschrieben. Als Tagesmutter bin ich Freiberuflerin.

Brauchten Sie Geld für Ihre Gründung? Haben Sie Fördermittel beantragt?

Ja, ich habe von der Agentur für Arbeit den Gründungszuschuss erhalten. Ansonsten brauchte ich kein Geld. Die Wohnung, in der ich nicht lebe und die ich ausschließlich für die Kinder hergerichtet habe, gehört mir. Für die kindgerechte Einrichtung, wie Babybetten, Spielzeug oder Wickeltisch, habe ich mein Erspartes gehabt.

Wo sehen Sie in der nächsten Zeit Ihre größten Herausforderungen?

Sie werden es nicht glauben, aber Herausforderungen gibt es jeden Tag und das ist auch gut so.  Zu den besonderen Herausforderungen gehört der Wechsel von Kindern. Demnächst stehen gleich zwei solcher Wechsel an. Zwei der „Großen“ kommen in den Kindergarten und zwei „Kleine“ rücken nach. Das sehe ich mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Der Abschied ist immer sehr emotional. Das hatte ich mir vorher so nicht unbedingt vorgestellt.

Foto: Anja Beuse Photo

Haben Sie eine Website?

Nein, noch nicht.

Nutzen Sie Social Media Kanäle um sich als Tagesmutter bekannt zu machen?

Ja, ich habe eine Facebook-Seite. Als es mal nicht so gut lief und ich noch keine Warteliste hatte, habe ich hin- und her überlegt, wie ich auf mich und mein Leistungsspektrum aufmerksam machen könnte. Ich habe über eine Annonce in der Tageszeitung nachgedacht. Doch lesen junge Eltern die Tageszeitung?
Naja, ich habe dann bei Frau Lehmbeck im Bürex angerufen und die hat mich auf die Idee mit der Facebook-Seite gebracht. Auf dieser Plattform sind viele junge Eltern unterwegs.
Ich präsentiere dort ein Stück weit meine Arbeit. Mehrmals wöchtenlich, wenn die Kinder Mittagsschlaf machen, lade ich ein oder mehrere Fotos hoch auf denen zu sehen ist was wir am Vormittag gemacht haben. Den Eltern und so manchen Großeltern gefällt das sehr gut. Es wird fleißig kommentiert und „gefällt mir“ geklickt. Ich rate anderen Tagesmüttern allerdings zu genauen Absprachen mit den Eltern was und wie viel gezeigt werden darf. Mein Ziel ist nicht, die Kinder zu präsentieren, sondern das, was wir gemeinsam erleben und tun.
Außerdem gefällt mir auf Facebook der Austausch mit anderen Tagesmüttern deutschlandweit gut.

Wie bleiben Sie fachlich am Ball?

Zusätzlich zu den mindestens 25 verpflichtenden Fortbildungsstunden jährlich nehme ich an einer 3-jährigen Fortbildung an der Hochschule Neubrandenburg mit dem Thema „Tagespflegepersonen stärken – Videogestützte Interaktionsberatung in der Kindertagespflege“ teil. Alle zwei Jahre frische ich den DRK Lehrgang „1. Hilfe am Kind“ auf.

Ergänzen Sie bitte folgende Stichpunkte zu einem Satz:
Selbstständig zu sein bedeutet für mich… ein Stück Unabhängigkeit.
Würde ich noch mal neu starten dann,… würde ich wahrscheinlich alles genauso machen.
Angehenden Gründerinnen und Gründern rate ich,… sich umfangreich und gut beraten zu lassen.
Kontakt:

Tagesmutter Martina Lange-Kuhlmann
Kranichstr. 54
17033 Neubrandenburg
Telefon: 0175 – 346 87 13
E-Mail: tagesmuttimartina@web.de

Facebook: www.facebook.com/pages/Tagesmutter-Neubrandenburg/396250547173041?sk=info

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