Neubrandenburger Fässchen: „Schon beim Reingehen habe ich gewusst: Das wird mein Laden!“

Nach 12 Jahren als Angestellte bei einer Textilhandelskette, hat die Neubrandenburgerin Anke Pasewaldt den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Seit Anfang des Jahres verkauft sie Liköre, Weine, Essig, Öle und andere kulinarische Leckereien im Neubrandenburger Fässchen. Dass die junge Frau den Schritt in die Selbstständigkeit noch keine Minute bereut hat, merkt man ihr an: Jeder Kunde wird strahlend begrüßt.
Ob es auch schon mal „schlechte“ Tage gab, das und mehr erzählt die Jungunternehmerin in diesem Interview.

“Bevor ich das Geschäft zum Januar 2014 übernommen habe, habe ich bei meinem Vorgänger und seiner Frau noch zwei Monate mitgearbeitet. Das war eine gute Schule und empfehle ich jedem, der auch ein fremdes Unternehmen übernimmt!” alle Fotos: Grit Gehlen

Frau Pasewaldt, jetzt sind Sie bald ein Jahr Unternehmerin. Wie fühlt sich das an?

Klingt vielleicht komisch, aber das Unternehmerinnenleben empfinde ich total entspannt. Es geht nicht mehr nur ums verkaufen, verkaufen, verkaufen. Ich habe endlich Zeit für Kundengespräche und kann auf meine Kunden eingehen und sie so richtig beraten. Ich genieße das unendlich! Zusammen probieren wir Öle und Essigsorten oder diskutieren über die Geschmacksnuancen der Rumsorten. Das macht mir alles unheimlich viel Spaß!

Erinnern Sie sich noch an die ersten Tage Ihrer Selbstständigkeit? Lief alles wie geplant?

Na klar, sowas vergisst man nicht. Die Tage vor der Eröffnung waren sehr aufreibend. Aber den Stress haben ich, mein Mann und meine Tochter eher als freudige Aufregung in Erinnerung. Wir haben gemalert, Regale aufgebaut, Ware eingeräumt und das manchmal bis Mitternacht. Am Abend vor der Eröffnung habe ich gedacht, dass ich nachts kein Auge zukriege. Denkste! Ich habe tief und fest geschlafen, bis mein Wecker geklingelt hat.
Meine Tochter, mein Schwiegersohn und mein Mann haben sich für den Tag der Eröffnung frei genommen und sich um den Verkauf gekümmert. Dadurch hatte ich genug Zeit für all die Gratulanten. Im Nachhinein bin ich meiner Familie echt dankbar, dass wir das genauso organisiert haben. Ich hatte Zeit für die Kunden, für Freunde und Bekannte und konnte in Ruhe zuhören, Fragen beantworten und mich um die Gäste kümmern. Das war ein wirklich schöner Tag, an den ich mich gern erinnere.

Wie ist überhaupt die Idee entstanden sich selbstständig zu machen?

Die Räumlichkeit hier ist nicht neu. Mein Vorgänger hat 17 Jahre über das Franchisesystem Vom Fass den Laden betrieben und mein Mann und ich gehörten zu seinen Stammkunden. Das Angebot, das Probieren und die ganze Atmosphäre hier haben mir schon immer sehr gut gefallen. Vor etwa fünf Jahren habe ich dann mal zu meinem Mann gesagt, dass so ein Laden genau das Richtige für mich wäre. Naja, und dann waren wir mal über ein Kurzwochenende in Potsdam und haben dort auch  ein Vom Fass Geschäft entdeckt. Wir sind rein und haben uns mit dem Inhaber drei Stunden über das Konzept und seine Erfahrungen als Franchisenehmer unterhalten. Tja, und dann haben wir im Sommer 2013 erfahren, dass hier in Neubrandenburg ein Nachfolger gesucht wird. Wir sind kurzerhand ins Geschäft gegangen und haben den damaligen Inhaber angesprochen.
Und ganz ehrlich: Ich erinnere mich an dieses Bauchgefühl von damals als wäre es heute. Schon beim Reingehen habe ich gewusst, wir werden uns einig. Das wird mein Laden!

Was musste bei der Übernahme alles bedacht werden und wer hat dabei geholfen?

Mein Vorgänger hat jemanden gesucht der das Ladenkonzept weiterführt. Von Anfang an war für mich aber klar, dass ich das Franchisesystem nicht übernehme. Ich will mein eigenes Ding machen. Deswegen heißt der Laden nicht mehr Vom Fass sondern Neubrandenburger Fässchen.
Meinem Vorgänger haben wir viele Kontakte zu Lieferanten und hilfreiche Tipps zu verdanken. Über ihn habe ich auch meinen ETL Steuer- und Unternehmensberater Herrn Neureither kennengelernt, bei dem ich mich bis heute rundum bestens betreut fühle. Zusammen haben wir einen Businessplan geschrieben, er hat mir alle Zahlen erklärt und Hinweise gegeben, worauf ich zu achten habe.
Ich glaube, ohne seine Hilfe hätte das mit dem KfW-Kredit bei der Commerzbank in fünfstelliger Höhe sonst auch nicht so unkompliziert geklappt. Neben den Steuern lasse ich auch alles was mit dem Thema Buchhaltung zu tun hat in seinen professionellen Händen.

Sind die Stammkunden treu geblieben?

Ja, fast alle möchte ich behaupten. Bevor ich das Geschäft zum Januar 2014 übernommen habe, habe ich bei meinem Vorgänger und seiner Frau noch zwei Monate mitgearbeitet. Das war eine gute Schule und empfehle ich jedem, der auch ein fremdes Unternehmen übernimmt! Ich habe durch die Einarbeitung auch gleich das Weihnachtsgeschäft mitgemacht und weiß im Grunde, was auf mich zukommt. Im Dezember hat mein Vorgänger immer 30 Prozent seines Jahresumsatzes gemacht. Ich bin ihm sehr dankbar, dass er mich trotz des anstrengenden Weihnachtsgeschäftes allen möglichen Stammkunden als seine Nachfolgerin vorgestellt hat.
Die Stammkunden sind vor allem Neubrandenburger die in der Innenstadt wohnen und viele ältere Kunden, die auch gern zu einem Plausch etwas länger bleiben. Bei mir bestellen aber auch Unternehmen kleine Geschenke für ihre Mitarbeiter und Geschäftskunden.
Die meisten Angebote meines Vorgängers habe ich übernommen. Dazugekommen sind spezielle Weine von Winzern und eine Feinkost-Ecke mit erlesener Schokolade, Nudeln oder besonderen Senfsorten beispielsweise. Die Idee kommt gut an. Kunden nehmen zum italienischen Rotwein gern noch Pasta oder Pesto mit.

Brauchten Sie Geld für Ihre Gründung? Haben Sie Fördermittel beantragt?

Wie schon erwähnt, ich habe das Startgeld der KfW Bank bekommen und nach einigem Zittern und vielen Nachfragen auch den Gründungszuschuss von der Agentur für Arbeit. Sehr hilfreich!

Was ist der entscheidendste Faktor, damit Ihr Unternehmen den Durchbruch schafft?

Der entscheidende Faktor war, dass die Kunden mich als Nachfolgerin akzeptieren. Ich denke und hoffe, dass mir dies in den letzten neun Monaten gelungen ist.

Wann schreiben Sie laut Businessplan schwarze Zahlen?

Im nächsten Jahr.

Wo sehen Sie in der nächsten Zeit ihre größten Herausforderungen?

Das Weihnachtsgeschäft wird eine aufregende Herausforderung.  Ich muss rechtzeitig Ware samt Verpackungsmaterial ordern und jeweils die richtige Menge davon. Es wäre ärgerlich, wenn der Weihnachtslikör schon zwei Wochen vor dem Fest ausverkauft ist oder ich davon zu viel bestelle und er zu Ostern noch immer im Regal steht, um mal ein Beispiel zu nennen. Vor dem Kundenansturm habe ich keinen Bammel. Im Gegenteil: Darauf freue ich mich sogar sehr.

Gibt es etwas, das noch fehlt? Ein Mitarbeiter, Geld oder eine Maschine?

Ich habe zwei Minijobber, der Laden ist eingerichtet, ein Laptop und ein Auto sind auch da….hm, eigentlich fehlt nicht wirklich was. Allerdings, sobald Geld übrig ist, will ich mir eine optisch passendere Beleuchtung  für den Laden kaufen. Aber das hat Zeit.

“Ich komme jetzt seit dem 13. Januar 2014 sechs Tage in der Woche zur Arbeit und bin jeden Morgen glücklich, wenn ich die Tür aufschließe. “

Nutzen Sie Social Media Kanäle um sich und Ihr Unternehmen bekannt zu machen?

Ja, meine Tochter hat mir eine Facebookseite eingerichtet, auf der ich auf Aktionen und Sonderangebote aufmerksam mache. Ich bin ganz begeistert wie gut das funktioniert.
Im Sommer hatten wir beispielsweise eine Flasche im Angebot, die aussah wie ein Segelboot.
Gefüllt mit bläulich schimmerndem Heidelbeerlikör nicht nur ein leckeres, sondern auch ein optisch schönes Geschenk. Viele Kunden sind zu mir gekommen und haben immer erklärt, dass sie genau diese Segelbootflasche, die sie auf Facebook gesehen haben, kaufen und verschenken möchten.

Ergänzen Sie bitte die folgenden Stichpunkte zu einem Satz:

Selbstständig sein bedeutet für mich, …
dass ich meinen Erfolg selbst mache. Wenn Kunden zu mir kommen und wollen eine Flasche Met, den ich nicht im Angebot habe, liegt es an mir Met ins Sortiment zu nehmen. Als angestellte Verkäuferin konnte ich diese Entscheidungen nicht treffen. Wenn wir eine Jeansmarke nicht hatten, hatten wir sie nicht und basta.

Würde ich noch mal neu starten, dann…würde ich alles genauso machen. Ich glaube, ich habe alles richtig gemacht. Ich komme jetzt seit dem 13. Januar 2014 sechs Tage in der Woche zur Arbeit und bin jeden Morgen glücklich, wenn ich die Tür aufschließe.

Angehenden Gründerinnen und Gründern rate ich,….schaut Euch um, ob in Eurer Nähe ein zu Euch und Eurem Geldbeutel passendes Unternehmen übergeben wird. Viele Chefs gehen in Rente. Ganz wichtig: Wer ein Unternehmen übernimmt braucht einen Profi an seiner Seite, jemanden der von Businessplänen Ahnung hat und Zahlen interpretieren kann. Umsatz ist nicht gleich Gewinn – das ist vielen nicht bewusst.

Kontakt:

Neubrandenburger Fässchen
Wartlaustraße 10
17033 Neubrandenburg
Telefon: 0395 – 5441393

E-Mail: nb-faesschen@t-online.de
Facebook: www.facebook.com/pages/Neubrandenburger-F%C3%A4sschen/685653484800252?sk=timeline

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