Ralf Starck ist gelernter Bau und Möbeltischler und hat auch einige Jahre als Bestatter gearbeitet. Den Schritt in die Selbstständigkeit hat er nie bereut: „Es gibt immer wieder mal Tage, an denen ich keine Aufträge habe und dann grübelnd zu Hause sitze. Ich muss lernen, diese Tage zu genießen!“ Foto: privat

Herr Starck, Erinnern Sie sich noch an die ersten Tage Ihrer Selbstständigkeit?

Klar, so als wäre es erst gestern gewesen. Mein erster Auftrag wurde vom Ordnungsamt Güstrow vermittelt. Der Auftraggeber, ein Vermieter, suchte nach einem Todesfall eine Firma die den Unrat aus der Wohnung entfernt. Ich machte ein Angebot inklusive Entrümpelung, Reinigung und Desinfektion plus Entfernung aller Tapeten. Ich bekam den Zuschlag.

Lief anfangs alles wie geplant?

Ich glaube, so wie mir geht es vielen Gründern: Man hat Angst, dass die Ideen, die man hat, nicht umgesetzt werden können oder so nicht funktionieren. Man sorgt sich, dass man nicht wahrgenommen wird und dass man sich übernimmt. Diese Ängste sind aus meiner Sicht anfangs aber ganz normal und man bleibt dadurch wachsam.
Ich habe das große Glück, dass es mir gelungen ist viele Leute von meinen Ideen zu überzeugen.  Die Medien, wie die Schweriner Volkszeitung, der Nordkurier und sogar das Fernsehen haben über meine Angebote schon berichtet.

Wer bucht Ihre Dienstleistung?

Zu meinen Angeboten gehören die Ozonbehandlung, die zum Beipiel wichtig ist um Leichengerüche oder Tabakrauch zu entfernen, die Intensivreinigung nach einem Suizid, Leichenfund oder Arbeitsunfall – da muss beispielsweise nicht selten viel Blut weggeputzt werden. Und wenn Leichen lange liegen, ist die Intensivreinigung dringend nötig.  Ich biete Entrümpelung, Dokumentensuche beispielsweise  für Versicherungen, suche nach Wertgegenständen und persönlichen Gegenständen wie Fotos oder Briefen.
Zu meinen Kunden zählen Autohändler, die meist eine Ozonbehandlung buchen. Ich habe  Suchtkliniken in der Kundenliste, wo ich nach einem Suizid tätig werde. Aufträge kommen auch von Vermietern, Privatpersonen, der Diakonie, der Caritas, von Firmen, die selbst Reinigungsarbeiten anbieten und mich unterstützend brauchen, von Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften.
Ich bin jetzt sogar in Auftragsverhandlungen mit dem Nachlassgericht.
Die Kunden werden auf mich durch meine Autowerbung, durch Anzeigen in Tageszeitungen und durch die verschiedenen Medienberichte aufmerksam. Ich wurde schon zu einem Live-Auftritt im TV eingeladen, es gab zwei Dokumentation á 45 Minuten über mich und meine Arbeit, im Radio wurde über mich berichtet und es sind weitere TV-Beiträge geplant. Zum Beispiel beim ZDF in der Sendung “hallo Deutschland” und Anfragen kamen auch schon von Kabel 1 und RTL. Diese Aufnahmen machen viel Spaß, kosten aber auch viel, viel Zeit. Das muss ich mal ehrlichkeitshalber sagen.

Wie ist überhaupt die Idee entstanden, sich als Tatortreiniger selbstständig zu machen?

Ich war arbeitslos und habe mich über ein halbes Jahr umgeschaut und gegrübelt, was ich machen könnte. Ich wollte unbedingt arbeiten.
Irgendwann in dieser Zeit ist meine Ex-Chefin an mich herangetreten und hat mich gefragt, ob ich die Wohnung eines Verstorbenen ausräumen könnte. Das war der Anstoß für meine Geschäftsidee.

Ich fing nun an, meine Ideen zu notieren. Es fing harmlos an. Ich zog in Betracht, eine Entrümpelungsfirma anzumelden. Doch es gibt (zu) viele Unternehmen, die diese Leistung anbieten.
Ich habe ja auch schon einige Zeit als Bestatter gearbeitet und mich letztendlich gefragt, wer reinigt das eigentlich?
Bei Google fand ich nur eine Handvoll Unternehmen, die diesen Service anbieten. Und dann biss ich an: Auf einem Blatt Papier schrieb ich meine Ideen auf. Das eine Blatt reichte dann nicht mehr. Ich kaufte ein Notizbuch, das ich immer bei mir getragen habe. Sobald ich eine Idee hatte, wurde sie sofort aufgeschrieben.
Ich sammelte Informationen, was ich benötige, um Blut und Gerüche zu entfernen. Dann bestellte ich mir Proben und richtete zu Hause ein kleines Labor für Experimente ein. Ich las Bücher wie beispielsweise „Was von Tode übrig bleibt“, „Die Tatortreinigerin“ und „Über das Sterben“.
Nachdem ich alles zusammen getragen hatte, bin ich zum Jobcenter. Ich bin da rein, nahm den Tisch mit meinen Unterlagen in Beschlag und sagte, dass ich mich selbstständig machen will. Die Beraterin schaute mich mit großen Augen an und ich erzählte von meinem Vorhaben. Erst wurde gelacht, doch nach zwei Stunden war ich fertig. Das Ergebnis: Ich habe sie überzeugt.

Wie erfolgreich sind Sie mit Ihrem Unternehmen?

Ich bin im zweiten Geschäftsjahr und es läuft mal mehr und mal weniger schleppend. Die Ozonbehandlungen werden sehr gut gebucht. Ich will mein Angebot noch um eine spezielle Fassadenreinigung erweitern.

Welche Rechtsform haben Sie für Ihr Unternehmen gewählt?

Ich habe ein Einzelunternehmen gegründet.

Wer hat Ihnen beim Start in die Selbstständigkeit geholfen?

Ich habe einen Existenzgründerkurs absolviert, mich bei der IHK beraten lassen und von einem Berater der KfW-Bank zu Gründungskrediten.

Welche Wissenslücken gab es vor dem Start in die Selbstständigkeit?

Von Buchhaltung und Kalkulationen hatte ich null Ahnung.

Brauchten Sie Geld für Ihre Gründung?

Ja klar, es musste ja eine komplette Ausstattung her. Ich brauchte einen Transporter, einen Atemschutz, ein Extrahiergerät, einen Kontaminationsbehälter, verschiedene Spezialreinigungsmittel, einen Spezialsauger, einen Dampfreiniger, Hochdruckreiniger und spezielle Schutzkleidung.

Ralf Starck wird nicht nur zu blutigen Einsätzen gerufen. Er kommt auch nach Bränden zum Einsatz oder räumt in Messi-Wohnungen auf. Foto: Ralf Starck

Haben Sie Fördermittel beantragt?

Ja, ich habe ein Darlehen vom Jobcenter erhalten und ein Mikrodarlehen.

Was ist der entscheidendste Faktor, damit Ihr Unternehmen den Durchbruch schafft?

Die Kunden müssen mein Leistungsangebot verstehen, denn es ist speziell, und es in Anspruch nehmen.

Wann schreiben Sie laut Businessplan schwarze Zahlen?

Geplant ist, dass ich 2017 schwarze Zahlen schreibe. Dann aber auch richtig schwarze Zahlen.

Wo sehen Sie in der nächsten Zeit ihre größten Herausforderungen?

Ich brauche Akzeptanz für meine Arbeit. Wer bestellt schon gern einen Tatortreiniger…

Gibt es etwas, das noch fehlt? Ein Mitarbeiter, Geld oder eine Maschine?

Ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin für die Zukunft wäre traumhaft und ich brauche einen neuen gebrauchten Transporter.

Nutzen Sie Social Media Kanäle, um sich und Ihr Unternehmen bekannt zu machen?

Ich habe bei Facebook eine Firmenseite eingerichtet. Dort poste ich häufig Vorher-Nachher-Fotos, um mein besonderes Leistungsangebot darzustellen. Ich achte darauf, dass man nicht erkennt, wo genau oder bei wem die Fotos aufgenommen wurden. Privatsphäre ist diesbezüglich sehr wichtig, erst recht bei Facebook.
Die Fotos bringen viel Aufmerksamkeit, oft stehen Kommentare drunter und/oder sie werden geteilt. Nur dadurch wird mein ungewöhnliches und spezielles Leistungsangebot bekannt.

Ergänzen Sie bitte die folgenden Stichpunkte zu einem Satz:

Selbstständig sein bedeutet für mich, …mein eigner Chef zu sein, Träume zu verwirklichen und Rücklagen zu schaffen.

Würde ich noch mal neu starten, dann…wäre ich stellenweise nicht so blauäugig.

Angehenden Gründerinnen und Gründern rate ich,…macht Euren Traum wahr! Auch wenn es anfangs mal sehr schwer ist. Werft bei einem Tief nicht einfach alles hin, sondern geht in Euch und sucht nach Lösungen. Nehmt Hilfe an, dann schafft Ihr es auch!

Kontakt:

Tatortreiniger Ralf Starck
Elisabethstr. 18
18273 Güstrow
Telefon: 01724240678 oder 03843 4018989

E-Mail: rstarck3@me.com
www: www.tatortreiniger-mv.de
Facebook: www.facebook.com/TatortreinigerRalfStarck?fref=ts