Die Gründungszeit liest sich heute wie ein Marathon

Mit gerade mal 24 Jahren hat der Rostocker Friedemann Oliver Ohse den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Das war 2011. Jetzt, nach fast drei Jahren als Selbstständiger, kann er von vielen schönen Erlebnissen, Hürden und Erfolgen berichten und staunt selbst ein bisschen, was er alles schon erreicht hat.

“Ohne erste Auftraggeber oder ein gewisses Netzwerk hätte ich die Selbstständigkeit nicht gewagt.”, sagt Friedemann Oliver Ohse. Foto: Ben Kruger Photography

Herr Ohse, erinnern Sie sich noch an die ersten Tage Ihrer Selbstständigkeit? Lief damals alles wie geplant?

Ja, natürlich erinnere ich mich. Das sind Tage die man nicht vergisst, genauso wie den ersten Kuss oder das erste Auto. Anfangs wollte ich nach Stuttgart in eine große Werbeagentur gehen, doch dann blieb ich zum Glück an der schönen Ostsee.
Die Gründung 2011 liest sich heute wie ein Marathon: 15. Juli Abschluss zum Mediengestalter, 17. Juli Business Plan, 1. August Steuernummer. Ohne erste Auftraggeber oder ein gewisses Netzwerk hätte ich die Selbstständigkeit nicht gewagt.
Das kalte Wasser hat mich trotzdem erwischt. Auftraggeber die nicht wussten, was sie überhaupt wollen und zwei, die bis heute nicht gezahlt haben. Viel interessanter war die BAföG-Streichung mitten während der Ausbildung, weil der Mediengestalter plötzlich beim Land aus der Liste flog. Ich musste mir Geld leihen und den Praktikumsbetrieb wechseln. Menschen, die zu der Zeit an mich geglaubt haben, bin ich auch heute noch sehr dankbar.

Wer sind Ihre Kunden und wie werden die auf OHSE DESIGN aufmerksam?

Erik Spiekermann (Schriftgestalter und Idol) trennt klar zwischen Auftraggebern und Kunden. Als Designer entwickle ich also für Auftraggeber, um am Ende deren Kunden zu erreichen.
Meine Auftraggeber kommen aus sehr unterschiedlichen Branchen, wie z.B. Musik, IT, Event, Bildung oder Finanzen. Das ist sehr reizvoll, weil man ständig neue Gebiete kennen lernt. Dabei versuche ich die Waage zu halten, zwischen kulturellen, ehrenamtlichen und wirtschaftlichen-angewandten Aufträgen. Das gilt auch für die Größe. Von öffentlichen Einrichtungen oder Vereinen, über einzelne Selbstständige, bis hin zu Aktiengesellschaften, ist alles dabei.
Über 90 Prozent der Aufträge kommen über Empfehlungen zu Stande. Wird man empfohlen, sollte man aber gleich Vertrauen aufbauen, z.B. über die Website oder ein Telefonat. Anders als beim Bäcker, geht es meist um größere Investitionen. Als Designer trage ich die Verantwortung, mit dem Geld meiner Auftraggeber umzugehen.
Ohse Design realisiert und optimiert Corporate-Design-Lösungen. Wer also professionelle Unterstützung bei seinem Außenauftritt sucht, ist bei mir an der richtigen Adresse. Ausgangspunkt meiner Arbeit ist immer die Identität. Niemand muss mir dazu ein dickes Marketingkonzept vorlegen. Oft reicht es schon, wenn ich die Ziele verstehe, die Alleinstellungsmerkmale kenne oder sich die Zielgruppe eingrenzen lässt. Ein Logo allein ist natürlich kein Auftritt. Es geht vielmehr um die Gesamtwirkung und Wiedererkennung. Das kann auch über die Haptik des Papiers geschehen oder über Elemente wie Architektur, Kleidung, Sound oder Beleuchtung. So entsteht ein erlebbarer Markenwert.

Wie ist überhaupt die Idee entstanden, sich selbstständig zu machen?

Das ist keine Idee, sondern immer eine Option. Natürlich ist nicht jeder der Typ dafür und es bedarf auch derer, die ihre Arbeit in der Anstellung meistern.
Ich finde es wohltuend, ein frei denkend- und handelnder Mensch zu sein. Die Optionen und Angebote der Firmen waren außerdem nicht überzeugend. Wir leben in einer Praktikantengesellschaft, in der harte Arbeit nicht bezahlt wird. Das ist fürchterlich.
Darüber hinaus war der Zeitpunkt für meinen beruflichen Start perfekt. Aus einer Wirtschafts- und Finanzkrise kann man gestärkt hervorgehen. Dazu kommen der steigende Fachkräftemangel und eine hohe Abwanderungsrate. Früher musste man sich bei einer Firma bewerben, heute bewerben sich die Firmen bei jungen Talenten. Leider hat gleichzeitig die Qualität und Motivation der Sprösslinge nachgelassen.
Den ersten Kontakt zu meinen heutigen Auftraggebern hatte ich bereits 2009/2010. Das bildete die Grundlage meiner Entscheidung zur Selbstständigkeit.

Welche Rechtsform haben Sie für Ihr Unternehmen gewählt?

Ich bin freischaffend selbstständig, das heißt wie Ärzte oder Steuerberater gehöre ich mit meiner kreativen Leistung zu den sogenannten Katalogberufen. Zwischendurch habe ich mir die Partnerschaftsgesellschaft angesehen, die es ermöglicht mit anderen Freischaffenden gemeinsam zu arbeiten. Leider gehören zu meinem Netzwerk auch zahlreiche Fachleute, die gewerblich tätig sind. So habe ich die Idee wieder verworfen. Seit Anfang 2013 bin ich aber an der Entwicklung eines neuen Agenturmodells beteiligt. Wir probieren modernere Formen der Zusammenarbeit aus und suchen Alternativen zu den klassischen Lösungen wie Firma oder Einzelkampf.

Wie erfolgreich sind Sie bisher? Ist der Durchbruch nach drei Jahren geschafft?

Wie definiert man Erfolg ist die Frage. Ruhm und Ehre ist schließlich nicht unmittelbar mit Geld verbunden. Glück erst recht nicht.
Ich kann mich nicht beklagen. Seit 2011 ist mein Einkommen gewachsen und ich kann davon leben. Parallel bin ich junger Familienvater geworden. Das macht mich insgesamt schon sehr glücklich. Alles unter einen Hut zu bekommen ist gewiss nicht immer leicht, aber ich denke, Herausforderungen lassen einen wachsen und stärken. Dazu gehören auch Niederlagen. Sascha Lobo meinte einmal »Scheitern können heißt frei sein«.

Als Unternehmer wurden Sie sicher nicht geboren. Wie, wo und mit wem  haben Sie sich damals fit gemacht für die Selbstständigkeit?

Ich war von Anfang an bei den OpenCoffee Club Gründerstammtischen von MV Startups dabei. Dadurch entstand auch der Kontakt zum Zentrum für Entrepreneurship (früher Gründerbüro) an der Uni Rostock. Dort unterstütze ich das Event für Unternehmertum, den sogenannten MVpreneur Day, seit drei Jahren mit meiner Arbeit.
Beim Gründerstammtisch entsatnd auch der Kontakt zum Technologiezentrum Warnemünde. Für junge Gründer hat man dort immer ein offenes Ohr und ist interessiert.
Den Kontakt zum eBusiness Club hier in Rostock habe ich vor meiner Gründung gefunden. Damals waren es nur Stammtische. Heute sind es ganze Workshops und Vorträge, die den fachlichen Austausch bereichern. Hinzu kommen natürlich Familie, Freunde und Mentoren, die einen unterstützen.

Rückblickend: Welche Wissenslücken gab es vor dem Start in die Selbstständigkeit?

Ich habe mir sehr viel selbst beigebracht und das wird auch immer so bleiben, weil der Markt sich mit ungeheurer Geschwindigkeit weiterentwickelt. Bei der Ausbildung zum Mediengestalter fehlte der gesamte buchhalterische, kalkulatorische und steuerrechtliche Teil. Dabei ist genau das einer der wesentlichen Elemente für die Selbstständigkeit. Diese Lücke, genauso wie den gesamten Onlinebereich (Webdesign, etc.), habe ich im Selbststudium erlernt.

Brauchten Sie Geld für Ihre Gründung? Haben Sie Fördermittel beantragt?

Ja, ich bekam Gründerzuschuss und muss zugeben, ohne staatliche Unterstützung wäre es vielleicht nicht so erfolgreich gelaufen. Dafür bin ich sehr dankbar. In Form von Steuern darf ich meine Dankbarkeit zukünftig ja unter Beweis stellen.

Schreiben Sie schon schwarze Zahlen?

Ich habe im Grunde von Anfang an schwarze Zahlen geschrieben und gleich zu Beginn investiert. Die gewerblichen Ausgaben sind in meiner Branche auch nicht so hoch. Wer einen eigenen Laden hat mit Ware, Miete oder sogar Personal, ist mit ganz anderen Zahlen konfrontiert. Als Designer brauche ich einen Kopf, einen Stift und einen Computer mit den richtigen Programmen. Fast alle starten im Home-Office oder einem Coworking-Space.

Wo sehen Sie in der nächsten Zeit ihre größten Herausforderungen?

Nach den ersten Jahren geht es nun darum Konsistenz reinzubringen. Die Herausforderungen bleiben allerdings gleich hoch. Dazu gehören höchste Designansprüche, umfangreiches Design- und Projektmanagement oder die Akquise. Als Unternehmer trifft man täglich Entscheidungen und muss priorisieren.

Gibt es etwas, das noch fehlt? Ein Mitarbeiter, Geld oder eine Maschine?

Wer mit mir arbeiten möchte, ist herzlich dazu eingeladen. Im Team entstehen meist bessere Lösungen als allein. Fachleute, die nicht direkt aus der Kreativbranche kommen, sind ebenfalls gern gesehen, wie z.B. Markenrecht, Steuern oder BWL.

Nutzen Sie Social Media Kanäle um sich und Ihr Unternehmen bekannt zu machen?

Ja, die nutze ich sehr stark und teils auch mit Erfolg. XING kann ich jedem ans Herz legen. LinkedIn ist dagegen etwas internationaler. Twitter ist als Mikroblog für mich sehr effektiv. Leider werden dadurch meine Blogbeiträge auf der Website etwas in Mitleidenschaft gezogen. Pinterest habe ich als Recherchetool für mich entdeckt. Behance nutze ich auch regelmäßig. Es ist die beste Community für Kreative weltweit die es gibt. Die Google-Lösungen gehören mittlerweile zum täglichen Workflow und sind nicht mehr wegzudenken.

Ergänzen Sie bitte die folgenden Stichpunkte zu einem Satz:

Selbstständig sein bedeutet für mich, …… frei sein.

Würde ich noch mal neu starten, dann… käme sicher etwas andere bei raus.

Angehenden Gründerinnen und Gründern rate ich,….. mehr auf ihr Bauchgefühl zu hören.

Kontakt:

Telefon: 0176 630 648 67
E-Mail: mail@ohse-design.com

www: www.ohse-design.com
Facebook und Co: https://www.xing.com/profile/Friedemann_Ohse/

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