Stadtgestöber: „Wir wollen, dass die Menschen wieder vor Ort einkaufen.“

Einkaufen im Online-Shop ist zu jeder Tages- und Nachtzeit bequem von der Couch aus möglich. Aber das treibt Einzelhändler vor Ort schlimmstenfalls in den Ruin und soll sich deswegen ändern: Drei Studenten aus Rostock haben eine innovative Geschäftsidee entwickelt, die sie sich sogar patentieren ließen. Kleine Strichcodes am Schaufenster sollen auch außerhalb der Öffnungszeiten – also sonntags, spät abends und an Feiertagen – den gemütlichen Einkaufsbummel in der City ermöglichen. Die ersten Rostocker Einzelhändler machen mit.

von links: Die Gründer Sven Schannak, Marcel Holle und Martin Christof. Foto: Stadtgestöber

Die Idee entstand, weil sich die Studenten Marcel Holle (26), Sven Schannak (23) und Martin Christof (24) selbst regelmäßig vor geschlossenen Läden an den Schaufenstern die Nase platt drückten. „Ob es nun schon spät abends ist oder das Online-Shopping am Computer einfach bequemer ist – immer weniger Menschen gehen in die Innenstädte und kaufen dort ein. Wir bringen die in der Stadt verfügbare Angebotsvielfalt ins Internet, sodass man bereits zuhause viele Geschäfte „virtuell“ betreten kann und in den Angeboten stöbert. Die Artikel können online reserviert oder bequem beim lokalen Anbieter online bestellt werden.“

„Für unsere Idee brauchen die Einzelhändler keinen Online-Shop“, erklärt Sven Schannak. Er ist der einzige, der Zeit hat für ein Interview. „Die anderen beiden sind unterwegs, machen Kaltakquise bei Einzelhändlern in Rostock.“
Die meisten Ladenbesitzer hätten  begriffen, dass sie was tun müssen und seien an der Idee auch sehr interessiert. „Doch wenn es ums Geld geht, dann sind viele skeptisch“, bedauert der 23-jährige Jungunternehmer.
Er ist sich sicher, dass die Stadtgestöber-Idee funktionieren und den Einzelhandel vor Ort in Rostock stärken und wiederbeleben wird: „Nicht nur am heimischen Computer, auch unterwegs mit dem Smartphone kann man beispielsweise außerhalb der Öffnungszeiten die Angebote der Geschäfte mit dem Handy entdecken.“  Möglich macht dies ein spezieller Strichcode, mit dem alle Waren im Schaufenster ausgepreist sind. Mit seinem Smartphone kann der Kunde den Strichcode einscannen und beispielsweise den Pulli reservieren oder ihn gleich zu sich nach Hause bestellen. Auf dem Smartphone wird auch angezeigt, was es noch im Laden in welchen Größen und Farben gibt. Schließlich kann ja nicht alles im Schaufenster ausgestellt werden. Ein täglicher Warenabgleich mit dem Ladeninhaber ist deswegen wichtig.
Auch die „umweltfreundliche“ Direktlieferung gehört zum Angebotspaket von Stadtgestöber. „Wer vor Ort bestellt, trägt dazu bei, dass die Umwelt entlastet wird. Kurze Lieferwege, weniger CO2 Ausstoß, kein Verpackungsmüll – denn wir liefern in Kartons, die wir wieder mitnehmen“, sagt Sven Schannak und reibt sich fröhlich lächelnd die Hände.
Weit über 300 Läden gibt es in Rostocks City. „Acht davon haben wir bisher von unserer Idee überzeugt, darunter Krümelchens Spielzeugkiste, Gusti Leder, den Stoffladen Mira oder den Souvenirladen Rostock Shop“, zählt er auf. Aber fünf bis sechs Mal so viele müssen es allerdings mindestens werden, wenn das Gründerteam von der Idee leben will. Sobald Rostock „erobert“ ist, sollen die Einzelhändler in der Hansestadt Lübeck von ihrem Konzept überzeugt werden.

Der Online-Handel wird auch dieses Jahr weiter wachsen: Der Einzelhandelsverband Deutschland geht von einem Umsatzplus in Höhe von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus. Einzelhändler leiden darunter. Deswegen haben Marcel Holle (26), Sven Schannak (23) und Martin Christof (24) eine Idee entwickelt, die wieder mehr Menschen zum Stadtbummel locken soll.

Noch finanzieren die drei ihren Lebensunterhalt und die anfallenden Kosten mit dem Exist Gründerstipendium. Das ist ein bundesweites Förderprogramm, das Studierende, Absolventen sowie Wissenschaftler bei der Umsetzung ihrer innovativen Geschäftsidee ein Jahr lang finanziell mit Geld für den Lebensunterhalt, aber auch mit Geld für Sachleistungen unterstützt.  „Würden wir diese Förderung nicht bekommen, wären wir in unserer Entwicklung noch nicht so weit und alles wäre viel, viel schwieriger.“ Doch Sven Schannak erinnert sich auch mit Stirnrunzeln daran, dass das Ausfüllen des Antrags sehr schwierig und eine echte Herausforderung war. Geholfen hat dabei das Zentrum für Entrepreneurship an der Uni Rostock, das im vergangenen Jahr auch den Ideenwettbewerb ausgerufen hatte. Das Stadtgestöber-Team nahm teil, belegte mit seiner Geschäftsidee den 3. Platz und sammelte neben Erfahrungen auch noch hilfreiche Kontakte. Der erfolgreiche Gründer von Karls Erdbeerdorf wurde durch den Ideenwettbewerb ihr Mentor. Mit ihm treffen sie sich bis heute regelmäßig, besprechen Ideen, Probleme und bekommen Tipps. Beim Ideenwettbewerb wurde auch das bundesweit agierende IT-Unternehmen DATA GROUP auf die drei aufmerksam und sponsorte einen Sonderpreis in Höhe von 1000 Euro. „Wäre schön, wenn Sie das erwähnen“, sagt Sven Schannak. „DATA GROUP entwickelt Kassensysteme und hat uns bei technischen Fragen immer wieder mal weitergeholfen,“ sagt der 23-Jährige dankbar.

Seit dem Februar 2014 sind er, Marcell Holle und Martin Christoph nun auch auf dem Papier selbstständig. „Wir haben eine UG, also Unternehmergesellschaft gegründet. Die 25.000 Euro Rücklage für eine GmbH haben wir noch nicht.“
Noch fehlt auch ein Büro. Das Team trifft sich in den Räumlichkeiten der Uni Rostock, bespricht hier weitere Ideen und diskutiert auch mal über Vorgehensweisen und Pläne. Das sei manchmal eine Herausforderung, gibt Sven Schannak zu. „Als Einzelkämpfer machst Du, was Du für richtig hältst. Wir drei müssen uns abstimmen und das muss man lernen.“
Doch letztendlich habe alle drei ein Ziel: „Wir wollen, dass die Leute wieder in die Läden vor Ort gehen!“

Grit Gehlen

Kontakt:

Stadtgestöber UG (haftungsbeschränkt)
Friedrich-Barnewitz-Straße 3
18119 Rostock-Warnemünde

Telefon: 0381 – 127 41 003
E-Mail: willkommen@stadtgestoeber.de
www: www.stadtgestoeber.de

Print Friendly, PDF & Email