Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – Altersbedingte Diskriminierung eines Stellenbewerbers

Sucht ein Arbeitgeber in einer an „Berufsanfänger” gerichteten Stellenanzeige für ein Traineeprogramm „Hochschulabsolventen/Young Professionells” und lehnt er einen 36-jährigen Bewerber mit Berufserfahrung bei einer Rechtsschutzversicherung und als Rechtsanwalt ab, so ist dies ein Indiz für eine Benachteiligung dieses Bewerbers wegen seines Alters.

Der Arbeitgeber trägt dann nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) die Beweislast dafür, dass ein solcher Verstoß nicht vorgelegen hat. Die Entscheidung ist zwar zu Lasten eines öffentlichen Arbeitgebers ergangen.

Auch in der Privatwirtschaft sollten aber derartige Formulierungen in Stellenanzeigen vermieden werden. Zur Vermeidung von Haftungsrisiken sollten in Stellenanzeigen nachfolgende problematische Formulierungen nicht verwendet werden:

  • „belastbar”
    Dieses Auswahlkriterium könnte eine mittelbare Diskriminierung älterer und behinderter Menschen sein.
  • „Berufsbezeichnung ohne Zusatz (m/w)“
    Dieser fehlende Zusatz stellt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts dar, weil nur die männliche Berufsbezeichnung (z. B. „Monteur“) gewählt worden ist. Stellenausschreibungen sind jedoch strikt neutral zu formulieren, insofern muss zwingend der Zusatz „männlich/weiblich” aufgenommen werden.
  • „bis 30 Jahre”
    Diese Formulierung stellt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters dar. Es sollte auf Altersangaben in Stellenanzeigen grundsätzlich verzichtet werden.
  • „Berufserfahrung”
    Diese Formulierung könnte eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters darstellen. In diesem Zusammenhang besteht jedoch ein Rechtfertigungsgrund nach § 10 Ziff. 2 AGG. In § 10 Ziff. 2 AGG ist geregelt, dass die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte, mit der Beschäftigung verbundene Vorteile eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Diese Formulierung ist daher weiterhin zulässig, es sei denn, es handelt sich um eine einfach gelagerte Tätigkeit, welche keinerlei Berufserfahrung erfordert.
  • „Sprachkenntnisse”
    Dieses Auswahlkriterium könnte eine mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft sein. Der Arbeitgeber darf jedoch die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen, die nach dem Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle für die Erbringung der geforderten Arbeitsleistung wesentlich und erforderlich sind, verlangen (§ 8 Abs. 1 AGG). In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, für welche Stelle die Besetzung mit einem Bewerber vorgenommen werden soll und ob Sprachkenntnisse für die Tätigkeit erforderlich sind.
  • „mobil, flexibel”
    In diesem Zusammenhang könnte eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters bzw. einer Behinderung vorliegen. Aus diesem Grund sollte auf die vorgenannten Formulierungen verzichtet werden
  • „Deutscher Staatsangehöriger”
    Dieses Auswahlkriterium kann eine unmittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft darstellen. Dieser Begriff sollte daher regelmäßig nicht in einer Stellenanzeige verwandt werden.
  • „Junges, dynamisches Team”
    In diesem Auswahlkriterium kann eine unmittelbare bzw. mittelbare Benachteiligung wegen des Alters oder einer Behinderung zu sehen sein, so dass auf diese Formulierung verzichtet werden sollte.
  • „Foto und Lebenslauf”
    In diesem Zusammenhang ist nicht auszuschließen, dass die gängige Praxis, ein Foto und einen Lebenslauf für die Bewerbungsunterlagen zu verlangen, als Indiz für eine unzulässige Benachteiligung angesehen wird, weil aus dem Lebenslauf und dem Foto unter Umständen bestimmte Rückschlüsse auf die Merkmale ethnischer Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Alter, sexuelle Identität, gezogen werden könnten. (Selbstverständlich kann der Bewerber / die Bewerberin aufgefordert werden, sich mit der Vorlage einer aussagekräftigen Bewerbungsunterlage zu bewerben.) Die Stellenanzeigen einschließlich Anforderungsprofil müssen vor dem Hintergrund des AGG sehr sorgfältig abgefasst werden. Eine benachteiligende Stellenausschreibung kann als Indiz für eine Benachteiligung gewertet werden. Allerdings ist zu beachten, dass das AGG in den §§ 5, 8 bis 10 eine Reihe von Rechtfertigungsgründen enthält. Der Arbeitgeber muss sich jedoch darauf einstellen, dass er die Rechtfertigungsgründe ggf. beweisen muss.

Um ein Haftungsrisiko wegen einer Benachteiligung bei Einstellung zu mindern sollten Sie wie folgt vorgehen:

  1. auf neutrale Stellenausschreibungen/-anzeigen achten
  2. Bewerbungsmappen und Einstellungsfragebögen, welche den Bewerbern überreicht werden, auf Neutralität überprüfen
  3. ggf. Auswahlrichtlinien (§ 95 BetrVG) überprü-fen
  4. Auswahlvorgänge für ca. 1 Jahr dokumentieren, um etwaige Ansprüche abgelehnter Bewerber/Bewerberinnen abwehren zu können
  5. keine Angaben zu den Ablehnungsgründen gegenüber den Bewerbern und Bewerberinnen machen

Hinweis zu Ablehnungen schwerbehinderter Bewerberinnen/Bewerber:

Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX sind alle Beteiligten vom Arbeitgeber über „die getroffene Entscheidung” unter Darlegung der Gründe un-verzüglich zu unterrichten. Mit einem Urteil vom 7. November 2005 – 7 Sa 473/05 – hat das hessische Landesarbeitsgericht entschieden, dass den Arbeitgeber eine generelle Begründungspflicht bezüglich seiner Entscheidung gegenüber dem abgelehnten schwerbehinderten Bewerber nicht trifft.
Die Begründungspflicht trifft jedoch diejenigen Arbeitgeber, welche ihrer Beschäftigungspflicht nicht nachkommen. Erfüllen Arbeitgeber dementsprechend ihre gesetzliche Beschäftigungsquote nicht, so sind sie gezwungen, gegenüber dem abgelehnten Bewerber/der abgelehnten Bewerberin eine Begründung im Rahmen des Absageschreibens anzugeben.
Im Falle der Bewerbung schwerbehinderter Menschen wird empfohlen, eine Begründung im Rahmen des Absageschreibens anzugeben, welche ausschließlich an der Qualifikation an-knüpfen sollte.
Darüber hinaus ist es dringend erforderlich, dass bereits im Rahmen der Stellenanzeige Qualifikationsanforderungen, welche die Bewerberin/der Bewerber erfüllen soll, genannt werden. Ohne Angabe der Qualifikationsanforderungen im Rahmen der Stellenanzeige ist es dem Arbeitgeber nicht möglich, sich im Rahmen der Bewerberauswahl auf fehlende Qualifikationen der Bewerberin/des Bewerbers zu berufen.

20.03.2013

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