Frau Marx, was haben Sie vor Ihrer Selbstständigkeit gemacht?
Vor meiner Selbstständigkeit war ich in Hamburg bei Phillips tätig und habe dort die Marketing Abteilung geleitet. Ich habe mich also um die Vermarktung von Rasierern, Epilierern, Toastern und Kaffeemaschinen gekümmert. Das war bis Ende 2005.
Dann haben mein Mann und ich 2006 eine Weltreise gemacht und haben in dem Zuge auch das Interesse an der Nahrung für Nahrungsmittel entwickelt. Wir waren beispielsweise längere Zeit bei einer Familie in Indien. Die hat alles, was sie gegessen hat, selbst angebaut. Dort haben wir das Gemüse für die nächste Mahlzeit immer im Garten frisch geerntet. Dieses Interesse und Bewusstsein für Nahrungsmittel hatten wir vorher so nicht.
Nach Indien waren wir dann in Argentinien und dann war natürlich klar in welche Richtung das geht.
Alles klar, Sie verkaufen nach Ihrem Trip nach Argentinien jetzt Bio-Rindfleisch in einem Online-Shop. So einfach ist das also?
(Lacht) Nein, so einfach ist das natürlich nicht.
Man braucht gute Partner, denn ich bin ja kein Landwirt oder Fleischer. Die Suche hat sich lange hingezogen. Mit war wichtig, dass die Partner auch verstehen, was ich machen möchte und mitziehen und das ganze mit gestalten.
Sie haben mit Ihrer Geschäftsidee vor drei Jahren den 1. Platz beim Businessplan Wettbewerb MVwin gewonnen. Funktioniert denn Ihre Geschäftsidee heute?
Also, die Idee hat sich noch ein bisschen gewandelt. Man muss ja auch flexibel sein und sich anpassen.
Anfangs hatte ich die Idee, dass ich selber mit einem Kühlwagen das Fleisch ausliefere, beispielsweise nach Hamburg oder Berlin fahre. Zum Glück, so muss ich heute sagen, habe ich davon Abstand genommen. Ich habe mir einen Partner aus Mecklenburg-Vorpommern für den Versand gesucht.
Dann war ich zum Zeitpunkt des Businessplan Wettbewerbs bereits hochschwanger, ging also in Elternzeit. Da kam ich mit meiner Geschäftsidee doch nicht so richtig vorwärts, wie ich gedacht hatte. Anfang 2010 ist die Website dann endlich online gegangen und stetig gewachsen, so dass wir mittlerweile schon zwei Rinder im Monat verkaufen.
Was Sie vermarkten ist nicht billig. Wie sehr bekommen Sie die „Geiz ist geil“ Gesellschaft zu spüren?
Es gibt in unserer Gesellschaft sicherlich einige, für die die Ernährung keine Rolle spielt, aber für immer mehr spielt das eine Rolle. Und das ist nicht nur einkommensabhängig, sondern einfach eine Wertschätzung des Essens. Es gibt diese Leute, die sich mit dem Thema Nahrung beschäftigen und die auch wissen, dass in guten Lebensmitteln ganz viel Handarbeit steckt. Aber, das muss ich zugeben, es ist nicht die breite Masse die bei my-cow.de einkauft. Wir sind irgendwo im Nischensegment unterwegs, aber diese Nische wächst stetig.
Bio-Rindfleisch-Anbieter gibt es mittlerweile ja doch einige im Netz. Wie groß ist die Konkurrenz?
Ich denke, der Gesamtmarkt wächst insgesamt. Aber: Davon profitieren alle!
Es gibt Konkurrenz im höherpreisigen Segment, aber die sind absolut nicht auf unserer Schiene. Das was wir bieten, bietet sonst keiner und macht uns einmalig. Ich vermarkte das gesamt Rind und nicht nur die Filets und Roastbeefs. Und wenn einer nicht weiß, was er mit dem Suppenfleisch anstellen soll, dann gibt es das Rezept von meinem Opa dazu. Wir reifen das Fleisch noch traditionell am Knochen und Kunden können bei uns nicht nur die Rasse sondern auch den Herkunftshof aussuchen. Wir arbeiten ausschließlich mit deutschen Bauern und kennen diese persönlich.
Rückblick: Gab es am Anfang mal was, das richtig schief gelaufen ist?
(Überlegt einige Zeit…) Naja, schief gelaufen kann man nicht sagen, es waren eher normale Startschwierigkeiten. Ich kaufe ja für meinen Shop ganze Rinder von den Bauern. Die ersten Rinder, die ich vermarktet habe, waren noch nicht so ausgebucht. Ich bin dann doch auf einigen Fleischpaketen sitzen geblieben und wir haben als Familie dementsprechend viel Bio-Rindfleisch gegessen in meinem ersten Geschäftsjahr.
In welchem Bereich haben Sie alles richtig gemacht?
Im Marketing. Aber das ist ja auch mein Steckenpferd, das habe ich studiert und mich danach auch weiter viel mit Marketing beschäftigt. Ich denke, da war meine Vorgehensweise genau richtig. Die spezielle Herausforderung war und ist es, mit möglichst wenig finanziellem Einsatz so viel wie möglich zu erreichen. Ich habe viel probiert und kann beispielsweise einen Newsletter empfehlen. In seinem Newsletter kann man Mehrwert bieten. Bei uns sind das zum Beispiel Rezepte, einfache Tipps zur Zubereitung, also Dinge, die die Leute einfach interessieren.
Wir haben auch Online-Communities aufgebaut, obwohl ich erst dachte, dass das nicht so gut funktioniert. Aber ich muss sagen, dass die Entwicklung sehr, sehr positiv ist. Bei facebook sehen wir beispielsweise deutlich, wie die Fans zunehmen. Von Anfang an habe ich auch viel Zeit in die Pressearbeit gesteckt, Kontakte aufgebaut und bin auf Journalisten immer offen zugegangen. Das hat sich ausgezahlt.
Wo sehen Sie sich und Ihr Unternehmen in einem Jahr?
(Sagt lachend) Oh, schwierige Frage (und denkt eine Weile nach).
Also, ich möchte organisch wachsen. Eine Riesen-Explosion in meiner Firma, das würde ich arbeitstechnisch gar nicht schaffen. Dieses Jahr ist unser Ziel, dass wir immer zwei Rinder im Monat verkaufen und das würde ich gern im nächsten Jahr steigern.
Auf wie viel?
Auf mehr als zwei im Monat…
Vielen Dank für das Interview Frau Marx!
Grit Gehlen