Bio-Laden in Neubrandenburg

Auf Siegeszug mit Bio

Nur drei Monate nach Eröffnung seines Bio-Ladens in Neubrandenburg konnte sich Inhaber Michael Kruse schon eine erste Urkunde an die Wand nageln. Bei der Leserwahl der Fachzeitschrift “Schrot&Korn” ist der biomarkt NB in vier Kategorien ausgezeichnet worden: Gold gab es jeweils für freundliches Personal und Sauberkeit, Silber gab’s für das Frische-Angebot und Bronze für die Angebotsvielfalt. Wenn das kein Bilderbuchstart ist!

“Selbstständig sein, das ist das was er wollte. Ich stehe voll hinter ihm”, sagt Lebensgefährtin Sabine Bandow, die vor oder nach ihrer Arbeitszeit manchmal im Laden bei Michael Kruse aushilft. Fotos (8): Grit Gehlen

Die Zeiten, in denen Bioläden kleine zugige Geschäfte in sanierungsbedürftigen Häusern waren, sind fast überall in Deutschland vorbei. Schrumplige Äpfel und Verkäufer in selbstgestrickten Pullovern sucht der Kunde vergeblich. „Wir sind modern, zeitgemäß und trendig“, sagt Jungunternehmer Michael Kruse stolz. Er verkauft seine Bio-Waren sogar im Internet.

Der 39-Jährige hat den Bio-Laden in Neubrandenburgs Innenstadt im Oktober 2009 übernommen und nach Renovierungs- und Umbauarbeiten nur einen Monat später neu eröffnet. Früher standen hier Holztische, geflochtene Körbe voller Waren – die Einrichtung passte halt zum damaligen Motto: Naturkostladen.
Michael Kruse hat einen hohen Kredit aufgenommen und das knapp 100 Quadratmeter große Geschäft völlig umgestaltet. Neue Kälteanlagen, moderne Regale, teure PC Kassen und ein erweitertes Warenangebot wurden angeschafft. Das hat sich gelohnt: „Wir haben eine Menge neuer Kunden gewinnen können.“ Hier kommen längst nicht mehr nur echte Hardcore-Ökos oder Eltern, die sich und ihre Familie gesund ernähren wollen, einkaufen. Zur neuen Zielgruppe gehören auch immer mehr Senioren. „Letztens hat ein älterer Kunde zu mir gesagt: Hier schmecken die Äpfel noch wie früher aus meinem Garten und nicht einfach nur süß.“  Michael Kruse strahlt dabei übers ganze Gesicht.

Ein großer Vorteil bei der Geschäftsübernahme war, dass Michael Kruse die Inhaber gut kannte. „Ich habe bei der Eröffnung vor über zehn Jahren geholfen und war später einige Jahre dort angestellt.“ Eine Marktanalyse über das Einkaufsverhalten und Kundenwünsche konnte er dadurch direkt vor Ort durchführen. Das machte seine Planung einfacher.

Auf die Frage, ob er schlaflose Nächte oder gar auch mal ängstliche Momente gehabt habe, antwortet er kopfschüttelnd: „Nein! Nie! Dann hätte ich das hier gar nicht erst angefangen. Ich kann nur jedem wünschen, solche Berater zu finden wie ich sie habe.“ Fürs fachliche engagierte er Klaus Braun, der seit 20 Jahren im Bereich Naturkost seine Dienstleistungen anbietet. Ihn lernte er auf Messen und Seminaren kennen, las über ihn immer wieder in Fachzeitschriften. Ein Steuerberater aus Neubrandenburg kümmert sich um die Zahlen. Beide Berater beschreibt er als skeptisch, aber konstruktiv. „Sie sind ehrlich, offen und ihre sachliche Kritik hilft mir, es ergeben sich neue Ideen und Tipps“, sagt Michael Kruse. Er rät, sich von Beratern fern zu halten, die alles schön reden und toll finden. „Das sind die Falschen!“

Stammkundin Michaela Wolfram (Mitte) ist eine von vielen, die zur Auszeichnung der Fachzeitschrift “Schrot&Korn” gratuliert.

Ein weiterer wichtiger Vorteil war bei der Geschäftsübernahme auch, dass Michael Kruse schon länger in der Bio-Branche zu Hause ist: „ 2006 habe ich mich mit einer Ich-AG selbstständig gemacht und einen Naturkostvertrieb aufgebaut. Später kam der Bio-Online-Shop dazu.“ Damals war er Einzelkämpfer, jetzt beschäftigt der Jungunternehmer sieben Mitarbeiter. Der Ton im Laden ist freundlich und entspannt. Jeder packt an: „Wir arbeiten im Team. Mir ist bewusst, welchen Wert meine Mitarbeiter haben“, sagt Michael Kruse. Und diesen Wert will er steigern, kümmert sich um Weiterbildungen und auch darum, dass der Dienstplan niemanden benachteiligt.

Manchmal hilft seine Lebensgefährtin im Laden aus: „Micha, womit kann ich jetzt noch helfen, gibt es noch was zu tun?“, platzt Sabine Bandow fröhlich ins Interview. Aufstehen und Stühle rücken müssen wir auch immer wieder, wenn einer der Mitarbeiter durchs enge Büro muss, um etwas aus der Kühlkammer dahinter zu holen oder ein spezieller Kundenwunsch abgestimmt werden muss. Doch das stört nicht, beweist eher, dass sich das ganze Team tatsächlich darum kümmert, dass es im Geschäft läuft. Den Umgang mit Menschen, die Führungsfähigkeiten hat sich Michael Kruse in seinen vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten angeeignet.  Das Verkaufstalent wurde ihm „vererbt“. Schon der Opa war Einzelhändler, führte in Neubrandenburg einen Tante-Emma-Laden. „Kunden, die damals bei meinem Opa eingekauft haben, lassen sich deswegen auch heute von mir bedienen“, freut er sich.

Wer nicht zu ihm in den Laden kommen möchte oder kann, kauft im Online-Shop ein. „Wir liefern aber nur im Umland von Neubrandenburg aus, bis 15 Kilometer. Mein Anspruch ist es nicht, bundesweit Kunden zu haben. Ich habe regional genug zu tun“, sagt Michael Kruse. Seine Frischwaren bezieht der Jungunternehmer fast ausschließlich bei regionalen Anbietern. Wie er den vielfach geäußerten Kundenwunsch nach Bio-Frischfleisch erfüllen soll, weiß er noch nicht genau. Aber mit seinem Unternehmensberater Klaus Braun findet er sicherlich eine Lösung. „Die Beratungskosten werden übrigens von der KfW Bank gefördert“, gibt Michael Kruse anderen Gründern mit auf den Weg und den Rat: „Bloß nicht angstgesteuert sein, wenn man sich zum Schritt in die Selbstständigkeit entscheidet. Wenn diese Angst wirkt, lähmt sie.“

Grit Gehlen

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