Katharina Kelting sitzt unter einer großen Kastanie auf einer Holzbank, auf der Schaffelle liegen. Diese wärmen und schützen sie vor dem ersten Herbstwind, der über die Insel Rügen weht. „Ein idealer Platz, um an meinem aktuellen Auftrag weiter zu arbeiten“, findet die Illustratorin aus Poseritz auf der Insel Rügen.
Gegenwärtig gestaltet sie ein Märchenbuch, das inhaltlich einen starken Bezug zur Insel Rügen und somit auch zum Meer hat. Katharina Kelting entwirft das Layout, kümmert sich um die gesamte grafische Gestaltung des Buches und schließlich auch um die Illustrationen. Dieser Auftrag bereite ihr deshalb so viel Freude, weil sie einerseits rein grafische Aufgaben lösen muss, auf der anderen Seite kann sie sehr künstlerisch tätig sein. Sie vertieft sich in die Geschichte, taucht in ihr ab, um mit ihren Bildern dem Erzählten ein Gesicht zu verleihen. Die 30-Jährige arbeitet seit 2007 freiberuftlich. „Ich kann mir überhaupt keine andere Form des Arbeitens mehr vorstellen“, ist sie fest überzeugt. Bei allen Schwierigkeiten, „denn die notwendige Büroarbeit, die anfällt, kostet sehr viel Zeit und Kraft“, weiß sie es sehr zu schätzen, ihr eigener Chef zu sein. Ihrer Firma gab sie den Namen „Schwarzes Einhorn“. Wer eine Verbinung zu einer literarischen Figur vermutet, der irrt. „Ich habe schon immer, schon als Kind, sehr viel für Phantasie und später für Romantik übrig gehabt. Märchenhaftes und Verträumtes haben mich beeindruckt und das hat sich bis heute nicht geändert. Ich habe das Schwarze Einhorn als Firmennamen gewählt, weil ein Pferd etwas sehr Bodenständiges und Realistisches ist, das Einhorn gibt ihm das Besondere, die Perfektion“, erklärt die Künstlerin. Beides – das Bodenständige und das Besondere – möchte sie mit ihrer Firma verwirklichen. Die freie Illustratorin bietet auch Porträtmalerei, das Entwickeln von Corporate Design, Logoentwicklung und nicht zu vergessen Kunstschmiedearbeiten an. Und an dieser Stelle des Gespräches kommt ihr Mann Stefan Kelting nicht nur ins Spiel, er kommt auch durch den Garten geschritten und nimmt auf der gemütlichen Holzbank Platz. Gerade habe er noch in der Schmiede gestanden, denn Stefan Kelting ist Kunstschmied. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, kann er von sich behaupten und lässt keinen Zweifel daran, dass ihm das Fertigen von Messern und mittelalterlichen Ausrüstungsgegenständen wie Schwertern oder Segmentkesseln Herausforderung und Freude gleichermaßen ist. Erst jüngst baute er das Templerschwert, das als Requisit bei den „Störtebeker Festspielen“ 2009 auf der Insel Rügen zum Einsatz kam.
Doch nicht allein dieser Auftrag hat in den zurückliegenden Monaten dem Kunstschmied sehr viel Kraft und Motivation gegeben: „Eine englische Filmgesellschaft orderte bei mir mehrere Segmentkessel für den Film ‚Robin Hood’ von Ridley Scott.“ Ohne Zweifel, so einen Anruf erhält der freiberufliche Schmied nicht alle Tage und mit Recht ist er immer noch etwas stolz auf diesen Auftrag. „Der Zeitdruck ,doch auch der Erfolgsdruck waren enorm, denn ich wollte, dass meine Kessel die Kunden zufrieden stellen und man sich für Folgeaufträge gern an mich erinnert“, sagt Stefan Kelting mit einem Schmunzeln. Der Folgeauftrag kam und so gingen bereits zwei Mal handgeschmiedete Kessel von der Insel Rügen auf die Reise in ein Filmstudio nach England. Seine Frau hat bei ihm das Kunstschmieden gelernt und wenn es ihre Zeit, also ihre eigenen Aufträge es erlauben, dann steht sie mit in der Schmiede und fertigt Accessoires für Haus und Garten an.
Stefan Kelting ist gelernter Präparator und Schuhmacher. „Die Kunst des Schmiedens hat mich schon immer fasziniert“, erzählt der gebürtige Hannoveraner, der sich das Handwerk Schritt für Schritt autodidaktisch beigebracht hat.
Bereits 2004 habe er sich selbstständig gemacht. Seit 2005 lebt er gemeinsam mit seiner Frau auf der Insel Rügen.
„Ich wollte schon immer am Meer leben, dass dieser Traum nun zu zweit in Erfüllung geht, ist wunderbar“, sagt Stefan Kelting. Natürlich sei es nicht immer leicht, sich als Selbstständige im Alltag zu beweisen. „Wenn beide freiberuflich tätig sind, heißt es alles allein in die Hand zu nehmen und zwar so, dass wir davon existieren können“, umschreibt der Kunstschmied die Situation. „Wir sind beide Künstler, brauchen Zeit, um uns über Themen, Formen oder Funktionalitäten bewusst zu werden. Wir müssen uns aber auch mit kraftaufwendigen Bürotätigkeiten, wie Buchführung und Steuererklärungen auseinander setzten“, sagt er. Dennoch seien beide überzeugte Selbstständige, die die Freiheiten zu schätzen wissen und sich auch künftig den Schwierigkeiten stellen wollen. An dem Frühherbsttag im September konnte sich die Illustratorin die Freiheit nehmen und ihren Arbeitsplatz vom Haus in den Garten unter die schöne Kastanie verlegen und beide nahmen sich die Freiheit, ihre Tätigkeit für ein längeres Gespräch zu unterbrechen. „Dann arbeiten wir heute eben bis in die Nacht hinein“, sagen sie zum Abschied und lachen sich dabei an. Er muss eine Nachtschicht einlegen, weil am nächsten Tag Schmuck auf einem Markt verkauft werden soll, den er gerade nicht vorrätig hat und sie muss und möchte dem Autor des Kinderbuches schon in den nächsten Tagen die abschließenden Illustrations-Entwürfe liefern.
Ulrike Rosenstädt
Internet: www.schwarzes-einhorn.com/